Employer Branding muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler

In herausfordernden Zeiten ist eine Investition in die Arbeitgebermarke besonders sinnvoll, denn gerade dann ist es wichtig, bei der relevanten Zielgruppe bekannt zu sein und diese entsprechend deren Bedürfnisse anzusprechen, um bei Bedarf schnell die passenden und geeigneten Kandidaten zu rekrutieren.

Dies setzt allerdings voraus, dass es eine klare und lebende Unternehmensstrategie gibt, die von allen Mitarbeitern akzeptiert und verstanden wird. Dies wiederum bildet die Grundlage, um einen nachhaltigen und strukturierten Employer Branding Prozess zu starten. Ziel ist es, eine attraktive Arbeitgebermarke zu entwickeln, die die Basis für eine zielgruppengerechte Ansprache bildet. Darauf aufbauend können die entsprechend passgenauen Kommunikationsmaßnahmen eingeleitet werden.

*Wie immer wird im Sinne der Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Selbstverständlich sind aber stets alle Geschlechter mit angesprochen.*

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Strategisches Employer Branding als Grundbedingung erfolgreicher Arbeitgebermarken

Unter „Employer Branding“ ist der langfristige Aufbau und die nachhaltige Stabilisierung des Unternehmens als international agierende Arbeitgebermarke zu verstehen. Unter „Recruiting und Relationship“ wird die zielgruppenspezifische Identifikation, Gewinnung und Bindung der ‚right potentials’ mit langfristig ausgerichtetem Beziehungsfokus subsumiert. Damit verbunden sind mehrere Ziele:

  • Die Stärkung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens durch die Auswahl der ‚passenden’ Talente
  • die Vermeidung von Qualifikationslücken durch schnelle Prozesse
  • die frühzeitige Bindung von Talenten an die Arbeitgebermarke
  • sowie die Verhinderung von Fluktuation und damit kostspieliger Neurekrutierung.

Die Herausforderung ein Unternehmen zu einer attraktiven und erfolgreichen Marke mit hohem Bekanntheitsgrad zu entwickeln, sind anspruchsvoll und von vielen Faktoren abhängig.

Das „Haus einer Marke“ bilden fünf wesentliche Faktoren. Zunächst ist es wichtig, die Unternehmenshistorie zu kennen und zu kommunizieren. Den Kern bildet das eigentliche Produkt oder die Dienstleistung. Wesentlich sind zudem eine Beständigkeit in der Qualität, ein hohes Maß an Kundenorientierung sowie die emotionale Aufladung der Marke, die dem Kunden signalisiert: „Ich stehe für!“ Damit unterscheidet sich eine Marke deutlich von einem Produkt das sich permanent im technologischen Wettlauf rechtfertigen muss. Eine Marke ist somit die Insel in einem Meer von Produkten.

Abbildung 1: Die Bedeutung von Marken

Nachdem diese Grundvoraussetzungen gegeben sind, ist es ein anspruchsvoller aber notwendiger Schritt das Unternehmen langfristig zu einer nachhaltigen, konsistenten und glaubwürdigen Arbeitgebermarke auf- oder umzubauen. Dies ist sozusagen der Schritt von einer ‚Brand’ zu einer ‚Employer Brand’ und damit zum ‚Employer of Choice’. Hier sind neben den bereits genannten Elementen vor allem arbeitsmarkt- und unternehmenspolitische Einflussfaktoren von großer Bedeutung und aufmerksam zu beobachten. Aber Vorsicht: Employer Branding ist nicht die Aspirin, die den Kopfschmerz schnell abstellt sondern der Weg zu einer attraktiven Arbeitgebermarke. Das ‚Employer Branding’ ist ein äußerst fragiles Konstrukt, das es langfristig zu sichern sowie auf- und auszubauen gilt.

Obwohl die Ausgangsbedingungen vielleicht zunächst alles andere als ideal und vielversprechend scheinen, lohnt es sich, diesen Weg zu gehen, aber nur, wenn die Geschäftsführung oder der Vorstand voll und ganz hinter dem Prozess stehen.

Dabei sind einige Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen, um daraufhin Aktivitäten und Maßnahmen einzuleiten, die letztendlich zu einem Erfolg führen.

Die Herausforderungen oder warum HR-Marketing immer wichtiger wird

a) Die Seele einer Marke ist das Produkt oder die Dienstleistung. Beide sind im weiteren Sinne Ausdruck für Orientierung, Einzigartigkeit, Identifikation, gesellschaftlicher Akzeptanz und wirtschaftlichen Erfolg. Unterstrichen wird dies sehr häufig durch einen pointierten und aussagefähigen Slogan. So steht bei Audi der Markenclaim „Vorsprung durch Technik“ im Zentrum, bei BMW ist es „Freude am Fahren“., Insbesondere bei der Zielgruppe der Ingenieure sind die Markenclaims bekannt und führen zu einer ersten Identifikation mit dem Unternehmen als potenziellen Arbeitgeber.

b) Das Herz einer Marke ist die Arbeitgeberattraktivität. Wenn alle Prozesse, Strukturen und Organisationsformen mit der Unternehmens- und Führungskultur übereinstimmen, dann schlägt es im Gleichklang. Dies klingt jedoch leichter als es umsetzbar ist, da viele Faktoren zu betrachten sind, wie z.B. der Standort, die Zusatzleistungen, die Strukturen und Organisationsformen und nicht zuletzt die Führungskultur.

c) Die Bewegung kommt durch die Emotion. Oftmals ist zu beobachten, dass viel zu lange Texte, nichtssagende Bilder und lieblos gestaltete Karriereseiten potenzielle Interessent*innen abschrecken.

d) Eine große Bedeutung hat jedoch das veränderte Bewerberverhalten. Social Media hat das Informations- und Kommunikationsverhalten radikal verändert. Dies zeigt sich vor allem im Rekrutierungsprozess. Bewerber*innen informieren sich in erster Linie über die Unternehmens- und Karriereseiten von Unternehmen, um einen ersten, möglichst authentischen Eindruck zu bekommen. Gleichzeitig will man in einem “coolen” Unternehmen arbeiten, das vielfältige Karrieremöglichkeiten bietet, eine gute Work-Private-Balance hat und enorm viel für die Mitarbeiter*innen tut. Auf Job-Bewertungsportalen wie z.B. kununu.de werden Bewertungen und Kommentare über die ersten Berufserfahrungen abgegeben. Instagram, Youtube, Snapchat und TikTok sind die Kanäle um Firmenkultur und Lifestyle zu transportieren und damit die Bewerber*innen emotional zu packen und ein gutes Gefühl bei der Arbeitgeberwahl zu vermitteln.

e) Dies führt zu einer weiteren essentiellen Herausforderung. So trivial es klingt: Ich muss meine Zielgruppen kennen und was sie bewegt. Gerade in herausfordernden Zeiten ist der Spruch besonders ernst zu nehmen: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“. Je genauer die Wünsche, Erwartungen und Bedürfnisse der unterschiedlichen Zielgruppen analysiert und bekannt sind und ein Abgleich erfolgt, ob das eigene Unternehmen diese in großen Teilen erfüllt, desto pointierter können die Kommunikationsmaßnahmen auf die jeweiligen Zielgruppen zugeschnitten werden. Damit wird die Chance erhöht, die richtigen Bewerber zu erreichen.

Die Bedeutung des Employer Branding

Das Personalmarketing ist Mitgestalter des Arbeitgeberimages, Sprachrohr des Arbeitgebers und damit prägend beim Aufbau einer Arbeitgebermarke. Die Bedeutung des Arbeitgeberimages ist nicht zu unterschätzen, denn es wird wesentlich geprägt von den Vorstellungen, die potenzielle Mitarbeiter über ein Unternehmen haben. Das heißt im Klartext, dass Menschen, die das Unternehmen größtenteils noch nie von innen gesehen haben, die Wahl des zukünftigen Arbeitgebers vom „Hören-Sagen“ oder von Informationen aus den Medien, dem Internet oder Freunden und Bekannten abhängig machen. Weitverbreitet ist die Annahme, die Beurteilung der Attraktivität eines Arbeitsplatzes werde in besonderem Maße von der Attraktivität des Produktes bestimmt. Ob diese Vermutung zutrifft ist jedoch eine andere Frage. Klar ist allerdings, dass diese Vorstellungen die Personalakquisition und – sofern diese in der Realität auch eintreffen – auch die Personalbindung nachhaltig beeinflussen. Damit erhält das Arbeitgeberimage, das durch viele Faktoren beeinflussbar ist, eine grundlegende Bedeutung bei der Identifikation und Bindung qualifizierter Mitarbeiter (s. Abbildung 2).

Abbildung 2: Die Einflussfaktoren auf das Arbeitgeberimage

Unternehmensintern sind im Kern die Stellgrößen das Unternehmens-, Produkt-, Marken- und Vorstandsimage.

a) Unternehmensimage: Klar ist, dass positive Unternehmensnachrichten den Interessenten Sicherheit und Orientierung geben. Diese Botschaften müssen aber auch kontinuierlich kommuniziert werden, um langfristig Wirkung zu zeigen. Denn negative Schlagzeilen, wie Entlassungen und Korruptionsskandale verbreiten sich schneller und bleiben dauerhafter in den Köpfen haften.

b) Produktimage: Wie eingangs erwähnt, bieten ein attraktives Produkt oder eine entsprechende Dienstleistung, die gesellschaftlich akzeptiert und positiv belegt sind, eine erste Identifikation mit dem Unternehmen.

c) Markenimage: Starke Marken sorgen für Bekanntheit und sind ein erster Anker für interessierte Talente. Sie sind gekennzeichnet durch einen psychologischen Produktvorteil, einer geringen Austauschbarkeit, Individualität und geben ebenfalls Orientierung. Zunächst kommt immer die Marke, dann erst die Arbeitgebermarke.

d) Vorstandsimage: In der Öffentlichkeit stehende Manager prägen über ihr Verhalten und ihre Kommunikationskompetenz ganz entscheidend das Arbeitgeberimage. Denn Vorstände werden als Meinungsführer und Repräsentanten der Unternehmen wahrgenommen. Ihre Worte und Taten werden in den Medien widergespiegelt und erhalten somit eine hohe Bedeutung.

e) Nicht zu unterschätzen sind die Mitarbeiter. Denn wie in der Freizeit über das Unternehmen gesprochen wird, kann entscheidend dafür sein, ob sich ein guter Kandidat letztendlich für das Unternehmen entscheidet oder nicht. Damit werden die Mitarbeiter zu wichtigen Botschaftern der Arbeitgebermarke. Dies gilt im gleichen Maße für die Bewerber oder Interessenten. Denn wie diese den Bewerbungsprozess erlebt haben, den ersten Kontakt (z.B. lange Wartezeiten, Unfreundlichkeit, schlechte Verbindungsqualitäten, etc.) über das Einstellinterview, das Assessment Center bis hin zur Vertragsverhandlung oder Absage, bestimmt die Haltung zu dem Unternehmen und damit wiederum die Kommunikation über das Unternehmen.

Im Allgemeinen haben das persönliche Umfeld, die Hochschule oder aber auch der erste Arbeitgeber Einfluss auf das Image. So kann der erste Dienstwagen prägend sein oder aber auch die erste bewusst wahrgenommene Spazierfahrt in dem Familienwagen.

Strategisches, kundenorientiertes Personalmarketing

Die vorher beschriebenen Rahmenbedingungen sowie die Entscheidung das Arbeitgeberimage zu verbessern und die Arbeitgebermarkenbekanntheit zu erhöhen, lösen einen intensiven Change Prozess aus. Voraussetzung dafür ist eine klare Unternehmensstrategie. Als elementarer Schritt, der sowohl die interne als auch die externe Personalarbeit aufwertet, ist die Verpflichtung des Vorstands oder der Geschäftsführung die Arbeitgeberattraktivität als strategisches Ziel zu sehen und damit Maßnahmen einzuleiten, die dieses Ziel nachhaltig und langfristig unterstützen. Damit gehört der reine Personalverwalter oder „Bewerbungsentgegennehmer“ endgültig der Vergangenheit an. Der Schritt zu einem kompetenten HR-Berater oder richtiger zum ‚Talent Scout’ ist damit getan. Als Konsequenz ergibt sich die Zielsetzung und langfristige Ausrichtung der Maßnahmen des Employer Branding und Personalmarketing.

Autor:

Prof. Dr. Alfred Quenzler ist Partner von KHRC. Sie erreichen ihn unter alfred.quenzler@khrc.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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