Performance Management (II)

Implikationen für die Führungskräfte

Wir bei KHRC betrachten Performance Management, also das systematische Zusammenspiel von Zielvereinbarungen, Feedback, Leistungsbeurteilung und Personalentwicklung, als integralen Bestandteil einer Führungssystematik. In diesem Beitrag geht es um praktische Anwendungen, Erfolgsvoraussetzungen und Implikationen für die Führungskräfte rund ums Performance Management. Dies ist Teil einer losen Folge mehrerer Beiträge zum Themengebiet Performance Management. Im ersten Teil hatten wir uns mit der theoretischen Fundierung zur Zielfestlegung beschäftigt.

 Auf konsequente Doppelbezeichnung wird in diesem Text im Interesse einer leichteren Lesbarkeit verzichtet. Die gewählte weibliche oder männliche Form bezieht sich immer gleichermaßen auf Personen jedweden Geschlechts.


Die Wirkungszusammenhänge beim Festlegen von Zielen auf Ebene der Mitarbeiter bildeten den Fokus des ersten Teils dieser Reihe. Was bedeutet das nun aber für die Führungskraft in der Rolle des Performance Managers? Wir haben bereits gesehen, dass die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Zielerreichung steigt, je sorgfältiger es dem Performance Manager gelingt, die aktuellen Herausforderungen des Unternehmens, den derzeitigen Leistungsstand des Mitarbeiters und seine unmittelbaren Entwicklungsbedürfnisse bei der Zielvereinbarung zu berücksichtigen. Ein Verständnis des Leistungsstands erwächst aus einer Kenntnis der individuellen Fähigkeiten, Qualifikationen und Kompetenzen des Mitarbeiters. Entscheidend ist außerdem, dass der Performance Manager eine legitimierte Autorität für die Zielfestlegung ist. Diese Legitimationsgrundlage erwächst letztlich aus Vertrauen. Vertrauen ist auch in der Führungsbeziehung „der Anfang von allem“.

Über diese Grundlagen hinaus bilden

  • Zielschwierigkeit
  • Zielspezifikation und
  • Zielbindung

wesentliche Stellgrößen für den Performance Manager im Zielvereinbarungsprozedere.

      Das Festlegen der Zielschwierigkeit erfordert Urteilsvermögen

In der Praxis empfiehlt es sich, einen angemessenen Zielschwierigkeitsgrad festzulegen. Eine normative Vorgehensweise, also Regeln in Form von „Wenn diese Voraussetzung gegeben ist, lege folgendes Ziel fest!“, kann es hier nicht geben. Es ist vielmehr das Urteilsvermögen der Führungskraft gefordert, aber auch ihre Erfahrung und ihr Einfühlungsvermögen.

Orientierungsmarken bilden  

  • die organisatorischen Rahmenbedingungen, (z.B. Sind nachgelagerte Stufen auf die Ergebnisse des Mitarbeiters angewiesen? Kann die Zielerreichung alleine gelingen, oder muss sie im Team erfolgen?)
  • die situationalen Zwänge (z.B. Wie viel Zeit steht für vorbereitende Maßnahmen der Zielerreichung zur Verfügung?) und
  • die Persönlichkeit des Mitarbeiters (z.B. Über welche Fertigkeiten, Qualifikationen und Kompetenzen verfügt der Mitarbeiter? Was motiviert ihn?).

Darüber hinaus sind Teamnormen und der Zusammenhalt innerhalb des Teams zu berücksichtigen. Dass der Mitarbeiter nicht unterfordert werden soll, versteht sich von selbst. Genauso gilt es aber auch, eine Überforderung zu vermeiden. Die Ziele sollen ambitioniert und gleichzeitig realistisch -im Sinne von erreichbar- sein. Die bisherigen Leistungen bilden sicher eine Referenzgröße bei der Bestimmung der relativen Zielschwierigkeit.

      Der Spezifizierungsgrad der Zielvereinbarung bestimmt die Qualität der Leistungsbeurteilung

Die Spezifizierung der Ziele bildet die Grundlage für die Beurteilung der Zielerreichung. Je genauer und transparenter es dem Performance Manager gelingt, die Ziele quantitativ und qualitativ zu spezifizieren, umso nachvollziehbarer werden die Beurteilungen in Feedbackgesprächen, Zwischenbeurteilungen und im Jahresabschlussgespräch. Insbesondere das Festlegen qualitativer Ziele gelingt umso besser, je genauer die individuelle Arbeitssituation des Mitarbeiters bekannt ist. Eine klare und spezifische Zieldefinition erleichtert darüber hinaus dem Mitarbeiter die Interpretation der Zielsetzung und damit die Auswahl der notwendigen und geeigneten Handlungsmaßnahmen zur Zielerreichung.

Bei der Festlegung multipler Ziele besteht die Gefahr von Zielkonflikten und einer Zersplitterung der Kräfte. Damit der Mitarbeiter, sich auf seine Stärken konzentrieren kann, müssen die Ziele spezifisch sein. Außerdem ist ihre Zahl gering zu halten (5 +/- 2). Gleichzeitig muss die Führungskraft auf einen angemessenen Zielmix achten, damit alle relevanten Aspekte der Mitarbeiterentwicklung berücksichtigt werden.

Die Zahl der Ziele wird durch folgende Faktoren beeinflusst:

  1. Kognitive Kapazität des Mitarbeiters (Belastungsgrenzen erkennen)
  2. Qualität und Angemessenheit der Aufgabenstrategie des Mitarbeiters
  3. Zeitschiene
  4. Komplexität und Schwierigkeit der Ziele
  5. Abhängigkeit zwischen den einzelnen Zielen
  6. Ausmaß, in dem Verantwortung delegierbar ist
  7. Ausmaß, in dem die Ziele sequentiell statt simultan verfolgt werden können oder müssen

Diese Faktoren muss der Performance Manager ermitteln und der Zielfestlegung zu Grunde legen.

Abschließend sei zu diesem Thema Peter F. Drucker, der Doyen des Managements, zitiert:

„Es gibt nur wenige Dinge, die ein fähiges Management so deutlich von einer unfähigen Unternehmensleitung unterscheiden, wie die Fähigkeit, Zielsetzungen gegeneinander abzuwägen. Ein Rezept dafür gibt es nicht; das Einzige, was sich sagen lässt, ist, daß dieses Abwägen nicht mechanisch-rechnerisch erfolgen kann.“

Zielbindung

Die Zielbindung beschreibt

  • das Ausmaß, in dem sich der Mitarbeiter mit dem Ziel identifiziert,
  • die Wichtigkeit, die er dem Ziel beimisst, und
  • das Verpflichtungsgefühl, das er empfindet, ein Ziel tatsächlich zu erreichen.

Eine hohe Zielbindung wird durch eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Performance Manager und Mitarbeiter erreicht. Stellschrauben für die Entwicklung einer vertrauensvollen Beziehung durch die Führungskraft sind:

  • Präsenz,
  • Kompetenz,
  • gezielte Unterstützung und
  • ehrliche Empathie.

Kontinuierliches Feedback seitens der Führungskraft zwischen der Zielvereinbarung und der Beurteilung im Jahresabschlussgespräch erhöht die Zielbindung zusätzlich. Zwischenbeurteilungen leisten hier ebenfalls einen wertvollen Beitrag. Allerdings sollte auch bei institutionalisierten Zwischengesprächen nicht auf bedarfsgerechtes Feedback in angemessenen zeitlichen Abständen verzichtet werden. Dem Mitarbeiter wird damit der Abgleich zwischen Zielsetzung und Zielerreichung erleichtert (Auflösen von Soll-Ist-Diskrepanzen). Seine Selbstwirksamkeit wird so gefördert. Kontinuierliche Rückkopplungen zwischen Mitarbeiter und Performance Manager sind somit eine Form gezielter Unterstützung bei der Zielerreichung.

Schließlich benötigt der Performance Manager ein solides Verständnis aller Anreiz- und Belohnungsinstrumente, die im Unternehmen zum Einsatz kommen. Nur so kann er diese dem Mitarbeiter in angemessener Weise in Aussicht stellen. Auch hierbei gilt es wieder, die Situation, die Rahmenbedingungen, vor allem aber die Persönlichkeit des Mitarbeiters, insbesondere seine Motivationsstruktur in die Überlegungen einzubeziehen

Performance Management soll Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung stärken

Performance Management ist ein wesentliches Element, um die Freude an der Leistung und damit die Arbeitszufriedenheit zu steigern. Transparenz und die Abwesenheit von Willkür (oder mindestens Mechanismen, die willkürliches Verhalten im Performance Management Prozess unmittelbar offenlegen) sind dabei entscheidende Elemente. Über die Arbeitszufriedenheit wirkt Performance Management mittelbar auf die Mitarbeiterbindung.

Gegenseitige Anforderungen und Erwartungen zwischen Mitarbeiter und Führungskraft werden transparent und können so reflektiert werden. Beurteilungen werden mit Hilfe von spezifischen (objektivierbaren) Zielkriterien nachvollziehbar. Über die Ausrichtung von Zielvereinbarung und Feedback an der aktuellen Situation und dem Leistungspotential jedes Mitarbeiters leistet das Performance Management einen maßgeblichen Beitrag zur individuellen Kompetenz- und Karriereentwicklung.

Aus der die Senkung der Fluktuation erwächst signifikanter betriebswirtschaftlicher Nutzen, führt doch jede vermiedene neue Stellenbesetzung zu einer Kostenersparnis in einer Größenordnung von EUR 30.000 bis 60.000 (auf Vollkostenbasis).

Die Arbeitszufriedenheit steigern Performance Manager, indem sie

  • angemessene Ziele festlegt, die herausfordernd aber erreichbar sind,
  • Etappenziele benennt und belohnt, um so Anreize über den gesamten Prozess der Zielerreichung zu schaffen,
  • Ziele im Zeitablauf steigert,
  • erfolgsabhängige Belohnungen gestaffelt nach Zielerreichungsgraden in Aussicht stellt.

Damit leisten sie mittelbar einen Beitrag zur Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen. Darüber hinaus können die Performance Manager die Mitarbeiterbindung steigern, indem sie die Akzeptanz für die Ziele stärken. Das gelingt, indem sie die Zielvereinbarung in das Geschäftsmodell und die strategische Stoßrichtung des Unternehmens einordnen. Entscheidend ist außerdem, den individuellen Beitrag jedes einzelnen Mitarbeiters zur Gesamtzielerreichung des Unternehmens transparent zu machen. Schließlich kommt es darauf an, den Wertekanon des Unternehmens zu vermitteln und vorzuleben. So schafft die personalverantwortliche Führungskraft einen relevanten Sinnzusammenhang, der letztlich zu einem „high performing environment“ führt.

Erwartungen an einen guten Performance Manager

Die Erwartungen an die Performance Manager, sind herausfordernd und vielfältig, und sie sind sicher in jedem Unternehmen anders. Grundsätzlich kommt es für wirksames Performance Management darauf an, die Erwartungen an die Mitarbeiter transparent und diskutierbar zu machen. Auch das Auflösen von Differenzen zwischen Eigenbild und Fremdwahrnehmung gehören dazu. HR sollte dabei unterstützen und die Qualität des Performance Management Prozesses sowohl durch ein kontinuierliches Monitoring als auch durch Coaching sichern.

Die Bindung der Mitarbeiter, insbesondere der Leistungsträger, steht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Häufig mißinterpretieren Führungskräfte positive Beurteilungen als einfaches und kostengünstiges Instrument, um Mitarbeiter zufrieden zu stellen. Letztlich steigern positive Beurteilungen aber in erster Linie die Erwartungshaltung in Bezug auf die persönliche Gehalts- und Karriereentwicklung.

Letztere müssen aber zum einen mit dem Business Planning für das kommende Geschäftsjahr übereinstimmen und zum anderen in dem von der Unternehmensleitung antizipierten Marktumfeld finanzierbar sein. In Beurteilungsgesprächen ist deshalb Augenmaß geboten, damit Karriere- und Vergütungsmodelle unter den zu erwartenden Marktbedingungen funktionieren können. Ein qualitativ hochwertiger Performance Management Prozess, fundierte Beurteilungen und eine realistische Steuerung von Erwartungen können das Zukunftspotential der Unternehmung nachhaltig sichern

Autor:

Dario Schuler ist Partner von KHRC. Sie erreichen ihn unter dario.schuler@khrc.de

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Transformation Booster Leadership Development

Vor welchen Herausforderungen Führungskräfte heute wirklich stehen

 Auf konsequente Doppelbezeichnung wird in diesem Text im Interesse einer leichteren Lesbarkeit verzichtet. Die gewählte weibliche oder männliche Form bezieht sich immer gleichermaßen auf Personen jedweden Geschlechts.      

„Die wertvollste Investition überhaupt ist die in den Menschen.“

Das Zitat von Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) kann heute auf die immense Bedeutung des Humankapitals für Unternehmen übertragen werden. Da der langfristige Erfolg eines Unternehmens maßgeblich von der Qualität der Führungskräfte abhängt, ist die professionelle Entwicklung von Führungskräften von zentraler Bedeutung. Insbesondere Abweichungen vom regulären Geschäftsalltag, wie z.B. Expansionen oder Fusionen, können die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen gefährden. Um Unternehmen einen erfolgreichen Transformationsprozess zu ermöglichen, braucht es qualifizierte und erfahrene Führungskräfte. Diese stehen heute vor einer Vielzahl an Herausforderungen. Das Unternehmensumfeld ist unter anderem durch Globalisierung, Digitalisierung und politische Entwicklungen von zunehmender Komplexität geprägt. Um in einem solchen Umfeld die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens zu erhalten, sind bestimmte Führungskompetenzen von essenzieller Bedeutung. In einer sich wandelnden Welt verändern sich auch die Kompetenzanforderungen an Führungskräfte. Diese grundlegenden Herausforderungen werden in diesem Blogbeitrag aufgegriffen und beschrieben. Denn Führungskräfte der Zukunft sind einem gravierenden Change Prozess unterworfen.

      Die Möglichkeiten zur Entwicklung von Führungskräften sind vielfältig

Nach einer Studie der Boston Consulting Group ist Leadership Development weltweit eine der größten Herausforderungen des HR-Managements. Denn die Anforderungen der Mitarbeiter an Führungskräfte wachsen angesichts veränderter Wertvorstellungen in einer sich schnell wandelnden Welt. Dennoch legen Unternehmen noch zu wenig Wert auf ein systematisches Leadership Development. Die Investitionen erscheinen zu hoch. Und es regiert oftmals die Einstellung, „der beste Verkäufer wird Verkaufsleiter“ oder „die Pflegerin, die am längsten auf der Station ist, wird Stationsleiterin“. Damit entscheiden beispielsweise Vertriebsleistung und Betriebszugehörigkeit darüber, wie und in welcher Form Mitarbeiter Macht erleben dürfen oder müssen. Allerdings gilt es, Führungskompetenzen zielgerichtet zu entwickeln, um den vielfältigen Herausforderungen gewachsen zu sein und damit souverän Mitarbeiter transformational zu führen.

Als ein Instrument der Führungskräfteentwicklung gelten Talentprogramme. In der Regel durchlaufen Potenzialträger dabei ein eineinhalb bis zwei Jahre dauerndes Programm, in dem theoretische und praktische Inhalte miteinander verknüpft werden. Die Teilnehmer können sich so auf die Übernahme einer größeren Verantwortung vorbereiten, sich persönlich weiterentwickeln und sichern dadurch auch die Nachfolge entscheidender Schlüsselpositionen. Dies wird vor allem in heraufordernden Zeiten immer wichtiger, dass Führungskräfte neben der Vorbildfunktion Orientierung geben müssen und die aktuellen Trends und Tendenzen in ihre tägliche Führungsarbeit miteinbeziehen müssen.

      Ein Überblick der Führungsherausforderungen

Das Unternehmensumfeld ist von zunehmender Komplexität und Unsicherheit geprägt. Mitarbeiter und vor allem Führungskräfte stehen daher vor einer Vielzahl herausfordernder externer Entwicklungen. Mit den daraus ableitbaren Implikationen müssen sie sich beschäftigen und ihre Kompetenzen gegebenenfalls optimieren. Nachfolgend werden die wesentlichen technologischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen näher beleuchtet.

Globalisierung

Aufgrund der zunehmenden globalen Vernetzung ist für Unternehmen nicht mehr nur der heimische Markt von Bedeutung. Lieferanten, Kunden und Wettbewerber müssen nun global betrachtet werden. Die Globalisierung trägt somit maßgeblich zu einem komplexer werdenden Unternehmensumfeld bei. Durch vermehrte Expansionen ins Ausland richten sich Unternehmen zunehmend international aus. Dies bringt auch konkrete Anforderungen an Führungskräfte mit sich. Mobilitätsbereitschaft, Sprachkenntnisse und Kultursensibilität werden erwartet. International erfahrene Führungskräfte werden daher zunehmend wichtiger und in Zukunft einen großen Anteil der Führungskräfte in Unternehmen ausmachen.

Eine große Chance birgt die Globalisierung für den Arbeitsmarkt. Der demographisch bedingte Mangel an jungen, qualifizierten Arbeitskräften kann teilweise durch die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte kompensiert werden. Die Globalisierung bringt aber auch Risiken mit sich. Wirtschaftskrisen oder andere Umweltturbulenzen lassen sich nicht mehr länger lokal begrenzen, sondern zeigen eine unmittelbare Auswirkung auf die ganze Welt bzw. Weltwirtschaft. Dazu zählt auch das sehr aktuelle Beispiel der globalen CoVid-19-Pandemie, die vielfältige Herausforderungen für Führungskräfte mit sich bringt.

Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen

Die Wiedereinführung von Zöllen, der Brexit und die amerikanische ‚America first‘ Politik stehen exemplarisch für politisch-rechtliche Rahmenbedingen, die ein unsicheres Unternehmensumfeld zur Folge haben. Führungskräfte müssen komplexe Standort- und Marktentscheidungen plötzlich neu bewerten und gegebenenfalls Investitionen und Desinvestitionen einleiten. Eine schnelle Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit sowie der Blick für das große Ganze werden von Führungskräften verlangt.

Digitalisierung und neue Technologien

Experten der ING-DiBa sehen 59% der Arbeitsplätze in Deutschland in ihrer jetzigen Form durch den Einsatz neuer Technologien und Digitalisierung bedroht. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ermittelt einen Anteil von 42%. Trotz der relativ großen Diskrepanz der Ergebnisse der beiden Studien wird klar, dass sich die Arbeitswelt massiv verändern wird. Während prognostiziert wird, dass Arbeitsplätze in Callcentern oder der Buchhaltung verloren gehen, werden neue Jobs in den Bereichen der neuen Technologien, wie Künstliche Intelligenz (KI), Roboterkoordination und Data Science entstehen. Hier sehen sich Führungskräfte mit einer Veränderung fachlicher Anforderungen konfrontiert.

Neben der Art zukünftiger Jobs werden sich auch die Formen der Leistungserbringung verändern. Bei New Work zeichnet sich Arbeitsgestaltung durch eine zunehmende Flexibilität hinsichtlich der zeitlichen, räumlichen und organisatorischen Ebene aus. Für Führungskräfte werden daher methodische Kompetenzen wie eine agile Führungskompetenz wichtiger. Aufgrund der zunehmenden räumlichen Distanz der Mitarbeiterinnen gewinnt virtuelle Führung im Zuge von New Work an Bedeutung. Mitarbeiter sind an ihrem Arbeitsplatz zuhause oft auf sich allein gestellt. Kurze Gespräche mit den Kollegen nebenan oder in der Kaffeeküche entfallen, und so gehen oft auch wichtige Informationen verloren. Virtuelle Arbeit erschwert außerdem den Vertrauensaufbau zu den Kolleginnen, da direkte und informelle Gespräche größtenteils entfallen. Die Aufgabe der Führungskraft liegt noch stärker darin, das Team zusammenzuführen, Vertrauen zu fördern und die Mitarbeiter zu motivieren.

Für die Durchführung von Webkonferenzen ist außerdem eine ausgeprägte Medienkompetenz erforderlich. Wir sprechen auch gerne von flexibler Digitalsozialkompetenz, die wir in unseren Leadership Development Seminaren vermitteln. Virtuelle Führung gewinnt vor allem durch die CoVid-19 Pandemie global an Bedeutung. Aufgrund der Aktualität des Themas, ist es umso wichtiger, sich als Führungskraft mit den dafür erforderlichen Kompetenzen auseinanderzusetzen und diese zu fördern.

Demographische Entwicklung

Die Geburtenrate in Deutschland geht zurück, und die Bevölkerung wird zunehmend älter. Das Phänomen des demographischen Wandels birgt Gefahren für die Fachkräftesicherung. Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) ermittelt für das vierte Quartal 2020 1,2 Millionen offene Stellen. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) wirkt sich der Fachkräftemangel hemmend auf das Wirtschaftswachstum aus.  Außerdem reduziert ein Fachkräfteengpass die Innovationsfähigkeit von Unternehmen.

Des Weiteren führt der demographische Wandel zu einer alternden Belegschaft. Ein durchschnittlicher Akademiker hat mit 45 Jahren noch mehr Berufsjahre vor sich als hinter sich. Diese Entwicklung, die sich bereits seit mehreren Jahren abzeichnet, bringt eine Vielzahl an Herausforderungen für Führungskräfte mit sich. So müssen diese beispielsweise das mitunter reduzierte Leistungsvermögen älterer Mitarbeiter berücksichtigen. Diesem kann das Unternehmen mit flexiblen Arbeitszeitmodellen sowie einem effektiven Betrieblichen Gesundheitsmanagement begegnen.

Wertewandel

Traditionelle Werte wie Sicherheit, Loyalität, Disziplin, Ordnung und Gehorsam haben in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung verloren. Jüngere Generationen streben nach Selbstverwirklichung, sinnvoller Arbeit, Unabhängigkeit, Freizeit und Individualität. Dabei ist jedoch zu betonen, dass lediglich die als sinnlos betrachtete Arbeit hinterfragt wird, und nicht die Arbeit an sich. Um die Motivation der Mitarbeiter aufrecht zu erhalten, ist nicht länger nur ein gutes Entgelt notwendig. Vielmehr liegt der Fokus auf Herausforderungen und Abwechslung in der Arbeitsgestaltung, sowie auf einer ausgewogenen Work-Life-Balance. Dieser Wertewandel betrifft vor allem die Generationen Y und Z. Die ebenfalls noch im Erwerbsalter befindliche Generation der Babyboomer identifiziert sich häufig noch mit traditionellen, materiellen Werten. Die Generation X steht ein Stück weit „dazwischen“. Diverse Teams verschiedener Generationen zusammenzuführen und zu leiten kann für Führungskräfte eine große Herausforderung darstellen.

Die beschriebenen Herausforderungen sind eine Auswahl systemischer Veränderungen, die es als Führungskraft zu beherrschen gilt. Es sind allerdings die Zentralen. Themen wie „New Culture“, „Co-Working Spaces“, „Diversity Leadership“, „Flexible Working Models“, „Artificial Intelligence“, „Open Innovation“, „Sharing Concepts“ sollen hier nur stellvertretend Schlagwörter für ein komplexes Leadership Umfeld liefern.

Damit wird deutlich, dass die die oben genannten Kriterien „Dauer der Betriebszugehörigkeit“ oder „Vertriebserfolg“ als Auswahlkriterien für Führungskräfte nicht ausreichen. Die Führungskraft der Zukunft muss weitaus mehr Kompetenzen entwickeln, um langfristig erfolgreich und psychisch wie physisch gesund zu bleiben. Die Verantwortlichen in Unternehmen werden die Konsequenzen, wie eine geringe Loyalität, Motivation und Mitarbeiterzufriedenheit spüren, falls sie diesen Herausforderungen nicht aktiv begegnen.

Autor:

Alfred Quenzler ist Partner von KHRC. Sie erreichen ihn unter alfred.quenzler@khrc.de

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Echter Mehrwert für die Personalarbeit

Was künstliche Intelligenz leisten kann

Ein Komponentenhersteller für die Automobilindustrie hat die Verlagerung eines Produktionsstandortes beschlossen. HR ist aufgefordert, den oder die optimalen aufnehmenden Standorte zu bestimmen. Für eine fundierte Entscheidung sind die unmittelbar auswertbaren Informationen über die Kompetenzlandschaft aber faktisch zu lückenhaft. Für eine systematische Kompetenzanalyse mit herkömmlichen Mitteln fehlt die Zeit. Welchen Mehrwert KI in einer solchen Situation stiften kann, und wie dabei gleichzeitig der strategische Beitrag von HR gesteigert wird, zeigt Josef Schelchshorn in diesem Beitrag zum KHRC-Blog.

 Auf konsequente Doppelbezeichnung wird in diesem Text im Interesse einer leichteren Lesbarkeit verzichtet. Die gewählte weibliche oder männliche Form bezieht sich immer gleichermaßen auf Personen jedweden Geschlechts.

      KI optimiert die Entscheidungsgrundlagen im Human Capital Management

In einem Beitrag vor ziemlich genau einem Jahr war ich der Frage nachgegangen, wo durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz eigentlich tatsächlich Mehrwert in der Personalarbeit geschaffen wird. Seinerzeit hatte ich die Richtung, in die ein sinnvoller und zielgerichteter Einsatz von KI gehen muss, in ihren Grundzügen skizziert.

In der Zwischenzeit realisieren wir bei KHRC mit unserem Kooperationspartner msg systems AG Lösungen für unsere gemeinsamen Kunden, die völlig neue Möglichkeiten im Human Capital Management eröffnen. Bei diesen Lösungen kommt ProfileMap zum Einsatz. ProfileMap ist ein KI-basiertes Tool, das Informationen erfassen, analysieren und strukturieren kann, die als frei formulierte Texte (unstrukturierte Daten) in unterschiedlichen Dateiformaten auf diversen IT-Systemen und Servern liegen (z.B. Lebensläufe oder Zeugnisse). Und zwar ohne diese Daten zuvor bearbeiten, migrieren oder neu erfassen zu müssen. Entscheidend ist dabei, dass ProfileMap‘s künstliche Intelligenz -anders als eine „Stichwortsuchmaschine“- die Sinnzusammenhänge in den untersuchten Freitexten verstehen kann.

Es wird viel über den Einsatz von „KI = künstlicher Intelligenz“ geschrieben und diskutiert. Gleichzeitig erleben wir in den Gesprächen mit unseren Kunden aber auch durchaus Bedenken und Berührungsängste, wenn es um den tatsächlichen Einsatz von KI zur Lösung von HR-Fragestellungen geht. Und so „richtig“ verstehen, wie die Algorithmen eigentlich arbeiten, das tun wohl ohnehin nur die IT-Spezialisten und Mathematiker. Deshalb möchte ich heute gemeinsam mit meinem Kollegen Dario Schuler an einem Praxisbeispiel einfach und leicht verständlich darstellen, wie ProfileMap bei einer konkreten Fragestellung zuverlässige Antworten in kürzester Zeit liefern und so echten Mehrwert schaffen kann. Wir sind überzeugt, dass alle HR-Verantwortlichen die Herausforderungen aus diesem Beispiel gut nachvollziehen können.

      Ausgangssituation: Standortverlagerung

Nehmen wir einen weltweit führenden Hersteller von Komponenten für die Automobilindustrie, der an zahlreichen, internationalen Standorten mechatronische Komponenten und Systeme produziert. Wie in vielen, international agierenden Unternehmen ist das Thema Kostenoptimierung vs. Produktionsauslastung der Standorte ein permanentes Brennpunkt- und Aktionsthema.

Dieses Unternehmen entscheidet nun, einen Standort neu zu strukturieren und große Teile der Produktion sollen in ein oder mehrere Werke verlagert werden.

      Herausforderung für HR

Von den HR-Verantwortlichen werden nun Antworten auf die folgenden Fragen erwartet:

  • Welche Qualifikationsstruktur haben wir an dem von der Verlagerung betroffenen Standort?
  • Welches Know-how haben die bestehenden Mitarbeiter?
  • Worin liegt die Kernkompetenz dieses Standortes?
  • Wer sind die Schlüsselpersonen, die auf jeden Fall gehalten werden sollen oder ggf. an den zukünftigen Standort wechseln sollten?
  • Welcher der übrigen Standorte verfügt über das ideale Skill-Set, um die Produktion zu übernehmen?
  • Welche Kompetenzen sind dort nicht oder nicht ausreichend vorhanden und müssten neu aufgebaut werden?

Nach unserer Erfahrung stoßen diese Antworten in der Praxis häufig auf eine Reihe von Hindernissen:

  • Skills und Kompetenzen der Mitarbeiter sind nur unvollständig erfasst
  • Es gibt kein einheitliches (standortübergreifendes) Format für Skill- und Kompetenzprofile
  • Ein Kompetenzmodell als Orientierungsrahmen ist häufig nicht gegeben
  • Qualifikationen, insb. Qualifizierungsmaßnahmen sind nicht vollständig oder nicht systematisch strukturiert (Katalogisierung) erfasst
  • Die benötigten Informationen sind mitunter durchaus vorhanden, liegen aber als unstrukturierte, semantische Daten (Freitexte) auf unterschiedlichen Servern, Systemen, Laufwerken
  • Relevante Dokumente liegen in unterschiedlichen Dateiformaten
  • Es gibt keinen zentralen Ablageort für die benötigten Daten.

Um die für derartige Auswertungen zumindest teilweise durchaus vorhandenen Informationen nutzbar zu machen, mussten die entsprechenden Daten in der Vergangenheit „händisch“, also mit menschlicher Intelligenz herausgesucht und ausgewertet und dann in einer Form von Datenbank systematisch erfasst werden. Aber selbst dann blieb man auf die unternehmensintern zugänglichen Informationen beschränkt. In jedem Fall verursacht dieses Vorgehen Aufwand und erfordert vor allem Zeit, die bei der beschriebenen Ausgangslage in der Regel nicht vorhanden ist.

Deshalb griff man bisher auf Expertenwissen zurück. Also: „Wer kennt welche Mitarbeiter?“ Und was weiß man über deren Fähigkeiten, Erfahrungen etc. Damit werden maßgebliche Personalentscheidungen im Zusammenhang einer Standortverlagerung zum „random walk“, also letztlich davon abhängig wer von den Befragten welche Mitarbeiter kennt, und was er zufällig über deren Kompetenzen weiß.

Vollständige Kompetenzlandkarten in kürzester Zeit

Genau hier kommen nun die Stärken von ProfileMap zur Geltung: Zuverlässigkeit und Schnelligkeit!

ProfileMap erfasst die für die Auswertung relevanten Daten effizient und vollständig. Und zwar nicht nur die systematisch abgelegten Daten aus elektronischen Personalakten und Weiterbildungsdatenbanken, sondern auch unstrukturierte, semantische Daten (Freitexte), egal in welchem Datenformat und an welchem Speicherort. Selbst wenn diese Daten nur in Papierform vorliegen, verfügt ProfileMap über ein integriertes Feature zur Digitalisierung.

So werden bspw. Zeugnisse, Zertifikate, Teilnahmebescheinigungen, Lebensläufe etc. auf Volltextbasis intelligent ausgewertet. Das heißt die Sinnzusammenhänge, in denen Informationen stehen, werden bei der Auswertung berücksichtigt. Und das ohne zusätzlichen, manuellen Erfassungs- oder Bearbeitungsaufwand. Eine wirklich vollständige Inventur der Kompetenzen, Skills und Qualifikationen von hundert Mitarbeitern wird damit nicht in Stunden oder gar Tagen sondern in Minuten erstellt.

Falls gewünscht können die im Unternehmen verfügbaren Daten um frei zugängliche externe Informationen (bspw. aus Social Media) ergänzt werden, um noch vollständigere Kompetenzprofile zu liefern.

Die intelligente Analyse der Informationszusammenhänge ermöglicht ProfileMap eine Beurteilung von Kompetenzausprägungen. Die Auswertungsergebnisse werden systematisch erfasst und zeitgleich graphisch aufbereitet. Im Ergebnis entstehen so Skill-Matrizen bzw. Kompetenzlandkarten, die sich beliebig zusammenfassen, filtern und herunterbrechen lassen.

In der gleichen Weise kann ProfileMap nun die Kompetenzen der im Fokus stehenden, aufnehmenden Standorte auswerten. Da sich diese Standorte häufig in unterschiedlichen Ländern befinden, ist ein weiteres Feature von herausragender Bedeutung. ProfileMap kann Daten in unterschiedlichen Sprachen verarbeiten und zu einer gemeinsamen Kompetenzlandkarte zusammenführen.

Die so generierten Kompetenzlandkarten schaffen eine Reihe von Möglichkeiten:

  • vollständige Kompetenzinventuren als fundierte Entscheidungsunterstützung bei der Standortverlagerung,
  • eine faktenbasierte Argumentationsgrundlage gegenüber Mitbestimmungsgremien,
  • die zuverlässige Identifikation von Schlüsselpersonen,
  • Transparenz über mögliche Kompetenzlücken,
  • Individuelle Qualifizierungs- und Entwicklungspfade für den Kompetenzaufbau an aufnehmenden Standorten.

Damit schafft HR für eine komplexe Unternehmensentscheidung einen signifikanten Mehrwert.

Selbstverständlich bedarf die dargestellte Produktionsverlagerung noch weiterer, wichtiger Entscheidungskriterien. Der Fokus soll hier allerdings auf dem Beitrag liegen, den das HR-Management leisten muss, um als strategischer Sparringspartner Akzeptanz und Wertschätzung zu besitzen.

Das Human Capital Management steht darüber hinaus vor zahlreichen weiteren Herausforderungen, bei denen es darauf ankommt, echten Mehrwert für die nachhaltige Stärkung der Geschäftsentwicklung zu leisten. Im Folgenden finden Sie einige weitere Anwendungsfelder, in denen ProfileMap als KI-basierte Lösung zu schnellen und vor allem qualitativ hochwertigen Ergebnissen führt:

  • Competency Forecasting
  • Integriertes Kompetenz- und Talentmanagement
  • Zielgruppen- und Wettbewerbsanalysen
  • Talent Identification
  • Recruiting Automation
  • Internal Staffing
  • Optimierung von Teamzusammensetzungen

Diese Anwendungsfelder erproben wir gerade in Pilotprojekten mit unseren Kunden. In Kürze werden wir in diesem Blog detaillierter darüber berichten.

Sollte wir Ihr Interesse an den Möglichkeiten geweckt haben, die sich mit ProfileMap für ein zukunftsorientiertes Personalmanagement bieten, sprechen Sie uns gerne an!

Autoren:

Josef Schelchshorn ist Partner von KHRC. Sie erreichen ihn unter josef.schelchshorn@khrc.de

Dario Schuler ist Partner von KHRC. Sie erreichen ihn unter dario.schuler@khrc.de

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Warum man mit operativen Daten keine strategischen Entscheidungen treffen kann (I)

Chinas Protektionismus gefährdet die europäische Wirtschaftskraft

Die Stimmen der Mahner, die ein Ende des Erfolgsmodells „Prosperität durch Export nach China“ befürchten, werden lauter. Gleichzeitig deuten die volkswirtschaftlichen Indikatoren aktuell auf eine deutliche Belebung des Außenhandels mit China hin, und scheinen so den Erfolg dieses Modells zu belegen. Wie erklärt sich dieser (scheinbare?) Widerspruch? Handelt es sich um eine Ausnahme oder steckt ein Muster dahinter? Falls letzteres zutrifft, was müssen die Entscheider in den Unternehmen tun, um die richtigen Schlüsse zu ziehen und rechtzeitig die richtigen Maßnahmen zu ergreifen?

Um diese Fragen geht es in der dreiteiligen Serie „Warum man mit operativen Daten keine strategischen Entscheidungen treffen kann“. Den Auftakt bildet in dieser Woche ein Blick auf die Methoden, mit denen China seine Märkte für ausgewählte Schlüsseltechnologien vor ausländischem Wettbewerb abschottet. Welche Folgen das hat, und warum kritische Beobachter zurecht auf diese Phänomene aufmerksam machen.

 Auf konsequente Doppelbezeichnung wird in diesem Text im Interesse einer leichteren Lesbarkeit verzichtet. Die gewählte weibliche oder männliche Form bezieht sich immer gleichermaßen auf Personen jedweden Geschlechts.

      Kritische Phänomene bei positiven Indikatoren – ein Widerspruch?

In einem aktuellen Policy Briefing warnt das European Council on Foreign Relations (ECFR) vor einer langfristigen Schwächung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit in Schlüsselbranchen und das nicht nur innerhalb der EU sondern weltweit. Als Ursache machen die beiden Autorinnen, Agatha Kratz, Associate Director der Rhodium Group, einem unabhängigen Research-Dienstleister an der Schnittstelle von Wirtschaft und Politik, und Janka Örtel, Direktorin des Asien-Programms am ECFR, einer Denkfabrik mit Fokus auf europäischer Außenpolitik, den selektiven Einsatz von Marktabschottung in Kombination mit einem großen Heimatmarkt durch die Volksrepublik China aus.

Gleichzeitig liefern die Instrumente im Cockpit der deutschen Exportwirtschaft deutliche Signale für eine Erholung im Außenhandel, insbesondere mit China.

Wie kann es sein, dass die geläufigen Indikatoren für den Geschäftserfolg und die Geschäftsaussichten ein positives Bild vermitteln, während zeitgleich massive Warnsignale hinsichtlich der strategischen Wettbewerbsposition auftauchen? Und handelt es sich bei diesem vordergründigen Widerspruch um ein singuläres Ereignis im beschriebenen Einzelfall, oder handelt es sich doch um ein strukturelles Phänomen?

Nachdem die Entwicklung von maßgeschneiderten datenbasierten Steuerungsmodellen eine der Kernkompetenzen von KHRC darstellt, zeigt unsere Erfahrung, dass es sich eben nicht um einen Einzelfall handelt. Dass strategische und operative Steuerung vielmehr völlig unterschiedlichen Logiken folgen und deshalb zu ihrer Validierung auch unterschiedlicher Datengrundlagen bedürfen. So wie ein Armaturenbrett andere Daten verarbeitet (operative Steuerung) als ein Navigationssystem (strategische Steuerung).

Um das aufzuzeigen, möchte ich in drei Schritten vorgehen. Im ersten Schritt beschreibe ich die von Kratz und Oertel identifizierte Vorgehensweise der Volksrepublik und zeige die Effekte auf die strategische Ausgangsbasis auf, die sich daraus ergeben. Im zweiten Schritt beschreibe ich, wie ein kulturell verankertes, philosophisch fundiertes Strategieverständnis China sein Vorgehen erleichtert, um nicht zu sagen, es als logische Konsequenz erscheinen lässt. Im dritten Schritt wird es darum gehen, warum und wie sich die operative von der strategischen Steuerung ganz grundlegend unterscheidet, und mit welchen Informationsgrundlagen man sowohl strategisch als auch operativ zuverlässige Entscheidungen trifft. Die Schritte zwei und drei werden jeweils Gegenstand eigener Blogbeiträge in den nächsten Wochen sein.

      Großer Heimatmarkt + gezielte Marktabschottung = strategischer Vorteil

China wird sich vom Westen entkoppeln.
Wenn ein Unternehmen momentan viel nach China exportiert,
 bleiben weniger als zehn Jahre, um sich anzupassen
.“

Peter Thiel (Investor)

Das ECFR betrachtet Protektionismus in China nicht ausschließlich als Marktabschottung sondern weist ausdrücklich auf die Kombination mit dem -zumindest in Bezug auf die Zahl der Konsumenten- größten Heimatmarkt der Welt hin. Zu den Mechanismen der Marktabschottung zählen zunächst formelle Handelshindernisse wie Zölle oder Einfuhrbeschränkungen bis hin zu Importverboten oder Vorschriften für inländische Wertschöpfungsanteile (local content). Hierzu gehören aber auch Vorschriften in Bezug auf die Eigentumsanteile von Gemeinschaftsunternehmen oder das generelle Verbot ausländischer Beteiligungen an Gemeinschaftsunternehmen in bestimmten Branchen.

Neben diesen formellen Handelshemmnissen erscheinen die informellen aber beinahe entscheidender. In diese Kategorie fallen zum Beispiel informelle Präferenzen für lokale Anbieter bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Andere Formen von informellem Protektionismus sind lokale Standards, Zertifizierungserfordernisse oder langwierige Prozesse und Bearbeitungszeiten bei der Erteilung von Genehmigungen an ausländische Unternehmen. Ein entscheidender Faktor ist und bleibt jedoch der Zugang zu Netzwerken in der Beschaffung, Logistik und Personalgewinnung. So bleiben Bezugsmöglichkeiten bei kritischen Zulieferern ausschließlich lokalen Unternehmen bzw. Mitgliedern derartiger Netzwerke vorbehalten. Auch beim Zugang zum chinesischen Arbeitsmarkt, der sich aus einer zunehmend hochqualifizierten Bevölkerung speist, werden lokale Unternehmen implizit bevorzugt.

Es ist ausdrücklich zu betonen, dass die dargestellten Handelshemmnisse nicht grundsätzlich oder flächendeckend bestehen. Sie werden vielmehr insbesondere zum Schutz von Schlüsselindustrien und Schlüsseltechnologien eingesetzt. Hierzu zählen unter anderem

  • Automobilbau
  • Schienenfahrzeugbau
  • Flugzeugbau
  • Erneuerbare Energien
  • Hard- und Softwareentwicklung
  • Telekommunikationsausrüstung

Auch wenn diese Aufzählung nicht abschließend ist, wird deutlich, dass es sich tendentiell um kapitalintensive Branchen handelt. Und genau hier gewinnt nun die Größe des chinesischen Heimatmarktes strategische Bedeutung.

      Schlüsselfaktor Erfahrungskurve

Produktion für und Verkauf in einen Heimatmarkt mit großer Binnennachfrage eröffnet das Potential hoher Stückzahlen. Und aus hohen Stückzahlen erwachsen die Effekte der Erfahrungskurve. Das betriebswirtschaftliche Konzept der Erfahrungskurve besagt, dass mit jeder Verdopplung der kumulierten Ausbringungsmenge ein Senkungspotential der (inflationsbereinigten) Stückkosten in einer Größenordnung von 20 bis 30 Prozent entsteht. Je größer der Binnenmarkt, umso schneller lassen sich kumulierte Ausbringungsmengen verdoppeln, umso schneller können die Kostensenkungspotentiale aus der Erfahrungskurve genutzt werden. Das gilt umso mehr, wenn sich die Potentiale des Binnenmarktes weitgehend ungestört durch ausländische Konkurrenz abschöpfen lassen. Wichtig ist dabei allerdings, dass es sich um ein Kostensenkungspotential handelt. Das heißt die Kostenreduzierung tritt nicht automatisch ein, sie muss aktiv gemanagt werden.

Die dargestellten Skaleneffekte ermöglichen also Produktivitätssteigerungen, eine Verbesserung der Kostenposition sowie den Auf- und Ausbau von technologischem Know-how. Auf dieser Basis -kombiniert mit dem Feedback aus einer wachsenden Kundenbasis- lassen sich wiederum Qualitätssteigerungen realisieren. Darüber hinaus erwachsen Möglichkeiten zur Standardisierung und Automatisierung in den Produktionsprozessen.

Die Effekte reichen aber noch weiter. Unternehmen mit steigenden Umsätzen, deren Cash Flows aufgrund verminderten (oder eliminierten) Wettbewerbsdrucks weniger volatil sind, verfügen über eine gesteigerte Selbstfinanzierungskraft. Diese kann wiederum für Investitionen in Forschung und Entwicklung (R&D) sowie den weiteren Aufbau von Produktionskapazitäten genutzt werden. Dieses erhöhte Potential zur Selbstfinanzierung trifft nun auf ein anderes informellen Handelshindernis, nämlich den bevorzugten Zugang zu Fremdkapital für lokale Unternehmen, der nicht selten mit subventionierten Konditionen bei der Kreditvergabe einhergeht.

Aus dem Zusammenspiel der beschriebenen Faktoren wird die strategische Position der Unternehmen erheblich gestärkt. Und damit kommt es zu gravierenden Wettbewerbsvorteilen, wenn diese Unternehmen aus einer solchen Position der Stärke den Weltmarkt betreten. Nachdem China in der zweiten Hälfte der 2000er-Jahre den Weltmarkt für Photovoltaikanlagen betrat, sanken die Preise bis 2013 um über 80%. 2019 besaß China in diesem Sektor einen Weltmarktanteil von über 75%. Das Ergebnis eines systematischen Preiskampfes, dessen Sieger aufgrund einer günstigeren Kostenbasis, die zuvor in einem geschützten Heimatmarkt durch Ausnutzen von Skalen- und Lerneffekten aufgebaut wurde, von vornherein feststand.

Wie kommt es, dass China beim gezielten Aufbau und Nutzen strategischer Stärken scheinbar so erfolgreich und beinahe wie selbstverständlich agiert. Darum geht es im nächsten Beitrag dieser Reihe, bevor wir uns im dritten und letzten Teil der Frage zuwenden, mit welchen Instrumenten Unternehmen die Erosion ihrer strategischen Positionierung rechtzeitig erkennen können.

Autor:

Dario Schuler ist Partner von KHRC. Sie erreichen ihn unter dario.schuler@khrc.de

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Arbeitgeberattraktivität ganzheitlich steuern

Der Employer Attractiveness Index von KHRC

Auch wenn Arbeitgeberrankings aufgrund ihrer leicht nachvollziehbaren Logik „Platz 5 ist besser als 7 aber schlechter als 3“ wohl niemals aus der Diskussion verschwinden werden, liefern sie den Entscheidern wenig relevante Information für zukunftsorientierte Entscheidungen bei der Gestaltung der Arbeitgeberattraktivität. Dieses Dilemma war für die Partner bei KHRC, allesamt HR-Verantwortliche mit langjähriger Linienerfahrung, Ansporn ein Instrument zu entwickeln, das genau das leistet: Eine differenzierte Sicht auf ALLE relevanten Aspekte der Arbeitgeberattraktivität, die Managemententscheidungen zuverlässiger macht und eine zielgerichtete Steuerung der Arbeitgeberattraktivität ermöglicht – den Employer Attractiveness Index!

 Auf konsequente Doppelbezeichnung wird in diesem Text im Interesse einer leichteren Lesbarkeit verzichtet. Die gewählte weibliche oder männliche Form bezieht sich immer gleichermaßen auf Personen jedweden Geschlechts.

Sie als Personalverantwortliche kennen die Situation: Die neuen Arbeitgeberrankings sind kommuniziert und der CEO meldet sich: „Ich sehe, wir sind im Ranking von Platz 12 auf Platz 9 aufgestiegen. Aber warum sind wir nicht unter den TOP 5? Und vor allem, warum liegt unser ärgster Wettbewerber auf Platz 7?“ Wir können nun noch so fundierte Analysen und Erläuterungen abgeben, sie werden nie an die simple Logik „Neun ist besser als zwölf, aber immer noch schlechter als 7“ heranreichen. Und das liegt schlicht daran, dass die Attraktivität eines Arbeitgebers nicht nur von der Außenwirkung sondern vor allem von der Arbeitgebersubstanz sowie einer Vielzahl weiterer Faktoren beeinflusst wird. Und die bedingen sich nicht nur gegenseitig, zu allem Überfluss verändern sie sich auch noch im Zeitablauf.

      Arbeitgeberrankings liefern nicht die alleinige Information, die ich als Entscheiderin brauche

Positionierungen im Ranking liefern kaum Unterstützung für zukunftsorientierte Entscheidungen. Aus dem Ranking selbst kann ich nicht erkennen, was zur Position meines Unternehmens geführt hat. Die Reduzierung auf eine einzige Zahl, ohne diese differenziert zu betrachten – idealerweise auch aus interner Sicht, liefert zu wenig steuerungsrelevante Information.

Nachdem wir bei KHRC aus langjähriger Linienerfahrung im HR-Management dieses Dilemma kennen, haben wir uns intensiv Gedanken gemacht, wie eine Beurteilung der Arbeitgeberattraktivität aussehen müsste, um einerseits praktikabel zu sein und komplexe Sachverhalte nachvollziehbar aufzuzeigen. Andererseits aber hinreichend transparent und genau ist, um differenzierte Analysen zu ermöglichen, auf deren Grundlage ich für die Zukunft zuverlässiger entscheiden kann.

      Der GESAMTE Employment Life Cycle bestimmt die Arbeitgeberattraktivität

Im Laufe der Jahre haben wir mit einer Reihe unserer Kunden Wirkungsanalysen ihrer Arbeitgeberattraktivität erarbeitet. Einen Einblick in die Methodik der Wirkungsanalyse und einige der wiederkehrenden Attraktivitätstreiber liefert der Blogbeitrag „Treiber der Arbeitgeberattraktivität – Was wirklich zählt“. Hierdurch hatten wir einen fundierten Einblick in die Zusammenhänge, die zu einer herausragenden Attraktivität als Arbeitgeber führen.

Darüber hinaus sind wir seit jeher davon überzeugt, dass Management der Arbeitgeberattraktivität sich nicht auf HR-Marketing und -Kommunikation beschränken darf. Und dass auch eine professionelle Gestaltung der Candidate Experience (insbesondere während des Bewerbungs- und Auswahlprozesses) nicht ausreicht. Auf diesen beiden Stufen gibt das Unternehmen lediglich ein Versprechen über den Nutzen ab, den es als Arbeitgeber stiften will. Aber erst ab dem ersten Arbeitstag und dann über die gesamte Dauer der Beschäftigung wird dieses Versprechen eingelöst. Deshalb kommt es für das erfolgreiche Management der Arbeitgeberattraktivität darauf an, stets den gesamten Beschäftigungslebenszyklus im Blick zu haben.

      Systematische Beurteilung der Arbeitgeberattraktivität anhand der relevanten Faktoren

Auf dieser Grundlage haben wir im Zusammenwirken mit vielen Personalverantwortlichen aus Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größenordnungen sechs Dimensionen erarbeitet, die vom Interessegenerieren für den Arbeitgeber (vor der Bewerbung) über den Arbeitgebernutzen (zwischen Bewerbung und Beschäftigung) bis hin zur Arbeitgebersubstanz (während der Beschäftigung) alle relevanten Aspekte der Mitarbeitergewinnung und -bindung abdecken.

Darauf aufbauend haben wir bestimmt, aus welchen Komponenten sich die einzelnen Dimensionen zusammensetzen müssen. Dann haben wir Kriterien definiert, die eine valide Beurteilung jeder Komponente ermöglichen. Diese Kriterien lassen sich in zwei Kategorien unterscheiden:

  • Kriterien, die aufgrund öffentlich zugänglicher Informationen beurteilt werden können (extern)
  • Kriterien, die für ihre Beurteilung einer Analyse innerhalb des Unternehmens bedürfen (intern).

Die Bewertung jedes Kriteriums erfolgt anhand von Skalenwerten. Dabei gibt es zum einen Kriterien, die entweder erfüllt sein können oder nicht. Zum anderen Kriterien, deren Ausprägung auf einer Skala von 0 bis 4 qualitativ unterschieden werden kann.

Für die Ermittlung der Indexwerte sind die Komponenten (aus denen sich die Dimensionen zusammensetzen) gemäß ihrer Relevanz für die Arbeitgeberattraktivität gewichtet. Die Graphik zeigt, wie sich die Dimensionen aus einzelnen Komponenten zusammensetzen. Die Gewichtungen wurden auf Basis von Erkenntnissen aus den Wirkungsanalysen -ergänzt um wissenschaftliche Studienergebnisse, sowie Ergebnisse aus eigenen Forschungen an der TH Ingolstadt- ermittelt.

      Der Employer Attractiveness Index leistet beides: detaillierte Analysegenauigkeit und nachvollziehbare Informationsverdichtung 

Um eine objektivierte und nachvollziehbare Ermittlung des EAI zu gewährleisten, werden die Komponenten anhand aussagefähiger Kriterien operationalisiert. Die skalierten Beurteilungen der Kriterien verdichten sich zu Komponenten. Auf Basis der Gewichtung der Komponenten werden die Indexwerte jeder Dimension ermittelt. Die Indexwerte der Dimensionen werden zum gesamtheitlichen Employer Attractiveness Index (EAI) aggregiert.

Hier haben wir großen Wert auf die Möglichkeit zu einem abgestuften Vorgehen gelegt. So kann eine rein externe Indexermittlung vorgenommen werden, die ausschließlich auf frei verfügbaren Informationen beruht. Diese Betrachtung kann durch weitere Kriterien, die nur auf Basis interner Informationen beurteilt werden können, weiter ausgebaut werden. Schließlich sind tiefgehende interne Analysen in allen oder ausgewählten Dimensionen möglich. Hier hilft es, einen funktionsübergreifenden Steuerungskreis in die Datenerhebung und -beurteilung einzubeziehen. Je nach Erkenntnisinteresse, Branchensituation und Unternehmensschwerpunkt können die Gewichtungen der Komponenten bei interne Detailanalysen unternehmensindividuell angepasst werden.

Mit dem Employer Attractiveness Index lassen sich also anwenderfreundlich und verständlich fundierte Beurteilungen mit großer analytischer Tiefe erzielen. Gleichzeitig ermöglichen die Indizierungen für sechs Dimensionen eine übersichtliche Darstellung und die transparente Verdichtung zu einem Gesamtindex.

      Der Employer Attractiveness Index bietet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten 

Zusammenfassend lässt sich der EAI also sehr vielfältig anwenden:

  • Für eine externe Bewertung der Arbeitgeberattraktivität anhand von öffentlich zugänglichen Daten
  • Für Arbeitgeberattraktivitätsvergleiche anhand der Gesamtindexwerte
  • Für eine differenzierte Betrachtung von Quellen der Arbeitgeberattraktivität anhand der Indexwerte für die Komponenten der Arbeitgeberattraktivität
  • Für eine detailliertere Beurteilung der Arbeitgeberattraktivität anhand von öffentlich zugänglichen Daten plus internen Informationen
  • Für unternehmensindividuelle Detailanalysen spezifischer Aspekte der Arbeitgeberattraktivität mit dem Ziel konkrete Handlungsfelder und Optimierungsbedarfe zu identifizieren

Autoren:

Dario Schuler ist Partner von KHRC. Sie erreichen ihn unter dario.schuler@khrc.de

Alfred Quenzler ist Partner von KHRC. Sie erreichen ihn unter alfred.quenzler@khrc.de

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Best of Praxis

      „…weil alles Schöne einmal beginnt und auch wieder zu Ende geht.“

Liebe Leserinnen und Leser,

mit diesem Zitat möchte ich meinen heutigen, vorerst letzten Blogbeitrag beginnen.

Sie ahnen es schon, mein Praxissemester bei KHRC neigt sich dem Ende zu. Jetzt geht es für mich in das Finale meines Studiums, die Bachelorarbeit. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich herzlich bei Dario Schuler und Alfred Quenzler bedanken für die tolle Zeit bei KHRC. Die Beiden haben es mir trotz der herausfordernden Bedingungen im Remote Modus (siehe mein erster Blogbeitrag „Praxiseinstieg im Remote Modus – Das geht super!“) möglich gemacht, erste Praxiserfahrung zu sammeln und Eindrücke von der Arbeit einer Managementberaterin zu gewinnen.

Ich habe vieles dazu gelernt sowohl beruflich als auch persönlich. Dafür bin ich sehr dankbar. Um meine Zeit bei KHRC noch einmal Revue passieren zu lassen, möchte ich im Folgenden einige meiner Best-of-Momente mit Ihnen teilen.

Zu Beginn möchte ich ihnen über mein – mal etwas anderes – Bewerbungsgespräch erzählen.

Haben Sie schon mal ein Bewerbungsgespräch im Sommer auf einer Terrasse mit Blick auf einen wunderschönen Garten geführt? Sie haben richtig gelesen. So fing es an, mit einem Interview auf der chilligen Terrasse des Ingolstädter Büros. Trotzdem war ich ganz schön aufgeregt. Allerdings konnten mir Prof. Quenzler und Herr Schuler diese Aufregung relativ schnell nehmen, und ich wurde im Laufe der Zeit immer gelassener. Und dann kam die entscheidende Frage, was ich denn von meinem Praxissemester erwarte? Und ich habe geantwortet: „Naja, ich möchte ungern meine Zeit mit Kaffeekochen verbringen. Ich möchte etwas über die große, weite Praxiswelt der Personaler erfahren!“ Die Reaktion war nur: „Das können wir Ihnen bieten.“

Und so war es dann auch. Im Oktober ging es für mich gleich ans Eingemachte. Ich wurde intensiv in die Methodik des Employer Attractiveness Index und die technische Funktionsweise des KHRC-Steuerungs-Cockpits eingearbeitet. Gleichzeitig habe ich an zwei Beratungsprojekten gearbeitet, der Entwicklung eines Rollen- und Berechtigungskonzepts und der Einführung eines Management-Informations-Systems zur Arbeitgebermarkenführung.

Dann wurde es für mich super interessant! Ich hatte die Ehre (und das Vergnügen) zusammen mit Prof. Quenzler einen Führungskräfteworkshop zu gestalten und durchzuführen. Dabei zu sein, wie eine Führungsmannschaft ein Führungsleitbild entwickelt, war eine sehr prägende Erfahrung. Immer wieder konnte ich an Gesprächen mit Kunden und Dienstleistern teilnehmen und dabei viele unterschiedliche Menschen kennenlernen.

Gerne erinnere ich mich an ein Treffen der Arbeitsgruppe „HR-Controlling“ im Bundesverband Employer Branding. Das war für mich ein toller Einblick, wie Menschen aus verschiedenen Unternehmen und Branchen ein gemeinsames Thema aus sehr unterschiedlichen Perspektiven betrachten und diskutieren.
Und nicht zu vergessen: unser interner 14-tägiger Jour Fixe. Der war für mich immer besonders unterhaltsam. Hier waren Dario Schuler, Alfred Quenzler und Josef Schelchshorn, die sonst immer hochprofessionell sind, immer besonders locker und haben ihre Witze gemacht, an die ich mich noch lange mit einem breiten Grinsen erinnern werde.

Abschließend kann ich sagen: „Ja, ich habe genau das erreicht, was ich mir von meiner Zeit bei KHRC erhofft habe.“ 😊

      „Niemals geht man so ganz.“ (Trude Herr)

Liebe Frau Hamsho Kaade,

auch wir starten mit einem Zitat, in dem zweierlei zum Ausdruck kommen soll. Zum einen, dass wir uns gerne an die Zeit mit Ihnen zurückerinnern werden, und dass wir uns freuen würden, wenn wir in Zukunft Gelegenheit hätten, wieder einmal zusammenzuarbeiten – ganz gleich in welcher Konstellation. Zum anderen die Erfahrung, dass es leicht fällt -auch nach einer Unterbrechung- an eine Zusammenarbeit wieder anzuknüpfen, wenn eine positive Erinnerung zurückbleibt.
Und wenn wir schon bei den Erinnerungen sind, dann erinnere auch ich mich an das Bewerbungsgespräch auf der Terrasse bei herrlichem Sommerwetter, an ein Gespräch mit einer selbstreflektierten jungen Frau mit sehr klaren Vorstellungen über ihre Erwartungen, aber auch über ihre Entwicklungsfelder. Vor allem aber erinnere ich mich an die Frage meiner jüngsten Tochter an diesem Tag. Die Vierjährige war an diesem Tag gemeinsam mit dem 13-jährigen Sohn von Alfred Quenzler im Büro – so ist das bei einem der familienfreundlichsten Unternehmen Deutschlands –, und die Beiden produzierten zahlreiche „Gemälde“ an einem Flipchart. Sie fragte mich nun, nachdem wir uns von Ihnen verabschiedet hatten: „Papa, ist Frau Hamsho Kaade eine Nonne?“

Das führt mich direkt zu einer weiteren Erinnerung. Und die hängt zusammen mit Ihrer Einsatz- und Hilfsbereitschaft. Die haben Sie nicht nur auch mal am Abend oder Wochenende gezeigt, wenn Ergebnisse für Kunden fertig werden mussten. Die durfte auch meine älteste Tochter erfahren, als sie während des Homeschoolings im Religionsunterricht den Islam behandelt hat, und Sie ihr mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben. Und ich muss gestehen, in diesen Themen habe auch ich viel von Ihnen dazugelernt.

Ihr Feedback, zu den Inhalten, an denen Sie bei KHRC arbeiten konnten, und was dabei für Sie besonders interessant war, hat uns noch einmal die Vielfalt der Themen deutlich gemacht, an denen wir mit unseren Kunden arbeiten dürfen. Das ist einem oft gar nicht mehr so bewusst.

Wir haben den Eindruck gewonnen, dass Sie in Ihren sechs Monaten bei KHRC eine steile Lernkurve hingelegt und eine spannende Entwicklung genommen haben. Dabei haben Sie -so unsere Wahrnehmung- viel über sich selbst gelernt. Schön war es, mitzuerleben, wie Sie nach anfänglich sehr zurückhaltendem und vorsichtigem Herangehen an die Dinge immer souveräner und selbstsicherer agiert haben und „lockerer“ geworden sind. Dabei mussten Sie sich -sicher nicht zuletzt- auch an unseren Humor gewöhnen.

Wir danken Ihnen von Herzen für Ihre Mitwirkung bei KHRC und wünschen Ihnen für die Zukunft, vor allem für die Bachelorarbeit, alles Gute und gutes Gelingen. Bleiben Sie uns gewogen!

Herzlichst

Alfred Quenzler und Dario Schuler

Autoren:

Aicha Hamsho Kaade – Sie erreichen sie unter info@khrc.de

Alfred Quenzler – Sie erreichen ihn unter alfred.quenzler@khrc.de

Dario Schuler – Sie erreichen ihn unter dario.schuler@khrc.de

HR-Software und typische Denkfehler über ihren Mehrwert

In seinem Gastbeitrag für den KHRC-Blog widerlegt David Hajizadeh, einer der Gründer von staffboard, einem Partnerunternehmen von KHRC, einige der häufigen Annahmen über den Mehrwert von HR-Management-Systemen gerade für Start-ups und kleinere Unternehmen.
Im Dialog mit Unternehmern aus jungen Start-ups und kleineren KMU hören wir immer wieder diese eine Killerphrase: “Eigentlich sind wir ja noch zu klein für eine HR-Software!”

 

Das ist schade, denn vielfach wirkt diese Aussage unbedacht und wenig reflektiert. Der Eindruck bleibt: Die Bedeutung von HR allgemein und somit der Nutzen einer HR-Software im Besonderen wurde wahrscheinlich noch nicht erkannt. Umso wichtiger erscheint es, einmal grundlegend mit den Denkfehlern bezüglich des Mehrwerts einer HR-Software aufzuräumen…

Hier ein paar der typischen Argumente – und warum sie nicht wirklich zutreffen:

„Für das bisschen HR benötige ich doch keine Software!“

Sind wir doch einmal ehrlich: Streng genommen geht es gar nicht darum, ob man die im HR anfallenden Aufgaben als viel oder wenig einstuft. Vielmehr sollte im Fokus stehen, den Aufwand bei operativen, administrativen und vor allen Dingen wiederkehrenden Aufgaben massiv zu reduzieren. Und die meisten wissen es doch selbst: Vermeintliche „2-Minuten-Aufgaben“ dauern in Wahrheit immer länger als gedacht und lenken von den eigentlich wichtigen Themen ab. Beispielsweise das Versenden von Personalbögen und die Prüfung und Weitergabe der Daten an den Steuerberater. Warum sollten nicht die Mitarbeiter Teile ihrer Stammdaten eigenständig ändern können, etwa eine neue Anschrift nach Umzug oder eine neue Bankverbindung nach dem Wechsel des Kreditinstituts?

Und genau hier kann eine HR-Software wirklich helfen, Informationen übersichtlich bereitzustellen und Prozesse besser abzubilden. Ich steigere damit meine operative Effizienz durch mehr Überblick, Digitalisierung und Automatisierung. Das schafft mir Freiraum UND Fokus für mehr strategische Personalarbeit und bessere unternehmerische Entscheidungen. Außerdem lege ich den Grundstein für Skalierbarkeit und Flexibilität bei der weiteren Entwicklung meiner Organisation. Die Software ist eine Art smarter Assistent, der dabei hilft, nichts zu vergessen….

„Ich habe doch auch so den Überblick über alle wichtigen Personalthemen!“

Natürlich, viele Informationen hat man irgendwie im Hinterkopf, weiß sie implizit oder kennt diejenigen Ansprechpartner, die es wissen: Beispielsweise die anstehende Gehaltserhöhung einer Mitarbeiterin oder den bevorstehenden Austritt eines Mitarbeiters. Aber wollen Sie wirklich so arbeiten und das Feld „Kollege Zufall“ überlassen? Können Sie wirklich sichergehen, keine entscheidenden Situationen aus den Augen zu verlieren? In der Realität gibt es nicht nur ab und an mal „kleinere Informationslücken“. Vielfach sind wenig transparente Strukturen auf breiter Basis die Regel. Doppelarbeiten und Intransparenz sind typische Folgen – und damit verbunden auch Unzufriedenheit. Nicht nur für die Prozessbeteiligten im HR-Team, sondern auch für die Mitarbeiter selbst, etwa, wenn sie zum Beispiel gar nicht einsehen können, wie viele Tage Resturlaub sie noch haben.

Abhilfe schafft eine HR-Software durch eine transparente Darstellung von Informationen und Personalprozessen. Damit baue ich eine Struktur auf, die mir Datenschutzkonformität und Datensicherheit per System gewährleistet. Die in der HR-Software verarbeiteten Informationen liegen in Echtzeit vor und können direkt ausgewertet werden – dabei müssen sie nicht zwangsläufig die Software verlassen. Zusätzlich dazu ist eine einfache Einbindung von und ein kontrollierter Datenaustausch mit externen Prozesspartnern (z.B. Steuerberater, Lohnbüro, Trainer, HR-Experten und viele mehr) möglich, was mir wiederum Zeit spart, für mehr Transparenz sorgt und personenbezogene Daten schützt.

„Das schafft doch keinen Mehrwert für Mitarbeiter oder Bewerber!“


Man kann nicht darum herumreden: In der Vergangenheit wurde der HR-Bereich vielfach sehr stiefmütterlich behandelt. HR galt – und manchmal ist das noch immer so – in erster Linie als Cost Center. Der wirkliche Wert beziehungsweise die „Wertschöpfung“ für die Organisation wird vermeintlich woanders generiert. Dabei sollte doch allen klar sein: Was Wertvolleres als meine eigenen Mitarbeiter mit ihren Kompetenzen, Ihrem Engagement und Ihrer Leidenschaft habe ich nicht. Letztlich sind es doch sie, die meine Unternehmenshülle zu einem lebendigen Organismus machen. Also sollte ich sie hegen und pflegen und unbedingt in HR investieren.

Eine HR-Software hat wesentlichen und unmittelbaren Einfluss auf die Beziehung von Mitarbeitern und Bewerbern mit meiner Organisation. Mit digitalen Systemen kreiere ich sinnvolle Touchpoints für Bewerber und Mitarbeiter: Etwa über das Bewerbermanagement und einen Self-Service-Bereich, in dem Mitarbeiter Zugriff auf alle für sie wichtigen Informationen haben. Das ist ein nicht zu unterschätzender Beitrag für eine Verbesserung der „Candidate und Employee Experience“, und damit eine Steigerung der Zufriedenheit meiner Bewerber und Mitarbeiter. Speziell durch digitale HR-Prozesse nehmen sie ihren (künftigen) Arbeitgeber noch expliziter als bisher als eine moderne und zukunftsfähige Organisation wahr. Automatisch schaffe ich so eine besondere Positionierung, die sich auszeichnet durch Mitarbeiterfokus, innovative Prozesse und digitale Unternehmenskultur.

Zu guter Letzt bleibt der wohl wichtigste Effekt noch zu erwähnen: Weil eine HR-Software wiederkehrende und oft aufwändige, administrative Prozesse besser strukturiert, habe ich mehr Zeit für meine Mitarbeiter und ihre Bedürfnisse. Damit zeige ich echte Wertschätzung für mein Team. Und das zahlt immer auf die Mitarbeiterzufriedenheit ein!

Fazit

Wer jetzt noch meint, eine HR-Software wäre nicht zeitgemäß oder passe nicht zur aktuellen Situation, agiert weder vorausschauend noch nachhaltig. Speziell in diesen Zeiten kann ich es mir als moderne Organisation eigentlich überhaupt nicht mehr leisten, keine HR-Software zu nutzen. Die Kosten, keine HR-Software zu haben sind substantiell höher als die meist sehr überschaubaren Gebühren von in der Regel wenige Euro pro Mitarbeiter und Monat.

Was gleichermaßen für Unternehmer und Personaler WIRKLICH zählt: Gestalten auch Sie aktiv die Zukunft Ihrer Organisation! Denn Mitarbeiter sind einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren in jeder Organisation. Und eine HR-Software ist einer der Schlüssel für modernes Personalwesen in allen Facetten. Nutzen Sie diese Impulse für bessere HR-Arbeit – etwa mit staffboard.

 

* Anmerkung: Der Begriff „Organisation“ soll synonym stehen für „Unternehmen“. Es geht hier jedoch um mehr als nur Unternehmen im Sinne einer Kapitalgesellschaft: Denn auch zahlreiche Non-Profit-Organisationen wie eingetragene Vereine, Verbände oder anderweitig der Gemeinnützigkeit verpflichtete Konstrukte befassen sich zunehmend mit digitalen HR-Lösungen für Recruiting, Mitarbeiterverwaltung oder Personalentwicklung. Deshalb möchten wir diese explizit mit einschließen.

 

Autor:

 

 

 

 

 

 

David Hajizadeh ist Gründer von staffboard. Sie erreichen ihn unter david@staffboard.de

 

Mehr über staffboard

Die Macher bei staffboard sind davon überzeugt, dass Menschen ein zentraler Erfolgsfaktor in jeder Organisation sind. Sie arbeiten daran, dass der Bereich HR zu einem der mächtigsten Treiber für den Wandel in Organisationen wird. Aus diesem Grund haben David Hajizadeh und Besnik Ruhani 2014 staffboard gegründet und eine ganzheitliche digitale Lösung für strategisches Personalmanagement und Organisationsentwicklung geschaffen. Anspruch von staffboard ist es, den Arbeitsalltag von allen HR-Verantwortlichen fundamental zu verbessern und ihnen mehr Zeit für strategische HR-Aufgaben und das Kerngeschäft zu schenken.

staffboard ist ein Kooperationspartner von KHRC. Erfahren Sie unter www.staffboard.de mehr darüber, wie staffboard Startups, kleine und mittlere Unternehmen, digitale Innovationsabteilungen von Konzernen sowie Non-Profit-Organisationen noch erfolgreicher macht!

 

 

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Performance Management (I)

Grundsätzliches zur Zielfestlegung

Wir bei KHRC betrachten Performance Management, also das systematische Zusammenspiel von Zielvereinbarungen, Feedback, Leistungsbeurteilung und Personalentwicklung, als integralen Bestandteil einer Führungssystematik. Deshalb widmen wir uns diesem Themagebiet in einer losen Folge mehrerer Beiträge auf unserem Blog. Den Anfang bilden heute einige grundsätzliche Betrachtungen zur Zielfestlegung. Sie bilden gewissermaßen die konzeptionelle Fundierung, bevor es in den nächsten Beiträgen um die praktische Anwendung, Erfolgsvoraussetzungen und Implikationen für die Führungskräfte geht. Schließlich werden wir Performance Management auch in den Kontext von Talent Management, Succession Planning und Competency Management einbetten.

Der Erfolg eines Unternehmens wird durch den Erfolg seiner Mitarbeiter bestimmt. Für den Erfolg der Mitarbeiter zu sorgen, ist die Aufgabe der personalverantwortlichen Führungskräfte. Ausgehend von einem Management-by-Objectives-Ansatz (MbO) gehören Zielvereinbarungen weiterhin zum Standardinstrumentarium der Personalarbeit. Sie sind immer im Kontext von Feedback, Leistungsbeurteilung und Personalentwicklung zu betrachten. Durch das wirkungsvolle Zusammenwirken dieser Komponenten entsteht Performance Management.

Der erste Schritt im Performance Management Prozess ist die Zielvereinbarung. Voraussetzung für eine handlungsleitende Zielvereinbarung ist Transparenz über die Unternehmensziele, die Ziele auf den nachgeordneten Organisationsebenen und die Kenngrößen des Unternehmenserfolgs. Je sorgfältiger eine Zielvereinbarung die aktuellen Herausforderungen des Unternehmens, den derzeitigen Leistungsstand des Mitarbeiters und seine unmittelbaren Entwicklungsbedürfnisse berücksichtigt, um so höher ist die Wahrscheinlichkeit einer ausgeprägten Zielerreichung.

Darüber hinaus sollte die personalverantwortliche Führungskraft weitere Kenntnisse einsetzen, die eher prinzipieller Natur sind und aus dem Bereich der Psychologie stammen. Einer der am besten abgesicherten Ansätze in der Psychologie ist die sogenannte Zielsetzungstheorie. Diese wurde anhand von über 500 Studien empirisch überprüft. Im Folgenden werden die Grundlagen der Zielsetzungstheorie und mögliche Konsequenzen für den Performance Management Prozess vorgestellt.

      Partizipatives Performance Management fördert die Qualität der Zielerreichung

Die Zielsetzungstheorie wurde von Locke und Latham entwickelt. Sie beschreibt die Wirkzusammenhänge zwischen Zielsetzung und Leistung.

Kernaussagen lauten:

1) Schwierige und herausfordernde Ziele führen zu besseren Leistungen als mittlere oder leicht zu erreichende Ziele.

2) Spezifische und präzise Ziele führen zu besseren Leistungen als allgemeine, vage Ziele („Geben Sie Ihr Bestes“).

3) Die unter Punkt 1. und 2. beschriebenen Effekte werden insbesondere dann wirksam, wenn eine hohe Zielbindung vorliegt. Die Zielbindung beschreibt aus der Sicht des Mitarbeiters: das Ausmaß der Identifizierung mit dem Ziel, die Wichtigkeit des Ziels und  das Verpflichtungsgefühl, ein Ziel zu erreichen.

4) Wichtig ist nicht, ob Ziele vorgegeben, partizipativ vereinbart oder vom Mitarbeiter selbst festgelegt werden. Es gibt keinen klaren Zusammenhang zwischen dem Modus der Zielfestlegung und dem Grad der Zielerreichung. Wichtig ist allein, ob Ziele als  Orientierungsmarken für das individuelle Handeln im Unternehmen vorhanden sind. Gleichwohl zeigen Untersuchungen, dass partizipativ vereinbarte Ziele herausfordernder, spezifischer und realistischer sind. Zudem werden weniger Zielkonflikte zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden ausgelöst. Damit unterstützt der partizipative Zielmodus indirekt die Effektivität der Zielerreichung.

Darüber hinaus lohnt ein Blick auf die Wirkmechanismen, die über Ziele auf die Leistung wirken.

  • Anstrengung,
  • Ausdauer,
  • Verhaltensausrichtung und
  • aufgabenspezifische Strategien

haben einen direkten Einfluss auf die Zielerreichung (Mediatoren).

 

      Anspruchsvolle Ziele steigern die Wahrscheinlichkeit erfolgreicher Zielerreichung

Ziele regulieren die Anstrengung eines Mitarbeiters, die zu deren Erreichung notwendig ist sowie die Ausdauer, mit der diese Anstrengung über die Zeit – auch gegen mögliche auftretende Schwierigkeiten – aufrechterhalten wird. Je schwieriger die Ziele, desto mehr Anstrengung und Ausdauer wird von einem Mitarbeiter aufgebracht.

Das individuelle Verhalten eines Mitarbeiters orientiert sich in zweierlei Hinsicht an seinen Zielen. Erstens fokussiert der Mitarbeiter seine Aufmerksamkeit auf zielrelevante Handlungen und zweitens aktiviert er gespeicherte Informationen zur Zielerreichung. Beide Verhaltensweisen sind insbesondere dann erfolgreich, wenn schwierige und spezifische Ziele vereinbart worden sind.

Bei sehr komplexen Zielen genügen die drei bisher beschriebenen Mediatoren nicht mehr zur Zielerreichung. Der Mitarbeiter muss nun versuchen, adäquate Methoden und Strategien zur Zielerreichung zu entwickeln. Dabei gilt, dass spezifische Zielvereinbarungen die unter Umständen notwendige Neuentwicklung von Strategien erleichtern.

      Die Führungskraft benötigt Legitimation durch Vertrauen

Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die Effekte der Zielschwierigkeit und der Zielspezifikation vor allem dann wirksam werden, wenn die Zielbindung hoch ist. Die Zielbindung ist abhängig von der Autorität des Vorgesetzten, den Leistungsnormen innerhalb eines Teams und den direkten Belohnungen bei Zielerreichung (Lohnerhöhung, Beförderungen).

Für den Mitarbeiter gilt, dass seine personalverantwortliche Führungskraft für die Zielfestlegung eine legitimierte Autorität sein sollte, die in der Lage ist, ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen. Grundlegend dafür ist die physische Präsenz, die Unterstützung, die Kompetenz, und die ehrliche Sympathie des Vorgesetzten. Kann der Mitarbeiter seinen Vorgesetzten unter diesen Gesichtspunkten anerkennen, so wirkt sich dies positiv auf die Stärke der Zielbindung aus.

Der Zusammenhalt innerhalb eines Teams wirkt sich auf die Leistungsnorm aus und damit auch auf die Zielbindung. Je stärker der Zusammenhalt innerhalb eines Teams ist, desto geringer ist die Streuung der Leistung zwischen den Teammitgliedern, d.h. die individuellen Leistungen gleichen sich in einem Team an. Hat sich in einem Team eine hohe Leistungsnorm ausgebildet, so ist davon auszugehen, dass die Zielbindung zu schwierigen und herausfordernden Zielen positiv beeinflusst wird.

  • Selbstwirksamkeit,
  • Feedback,
  • situationale Zwänge und
  • Persönlichkeit

wirken eher indirekt. (moderierende Variablen)

      Die Führungskraft muss die Geführten kennen und verstehen

Einen ebenfalls starken Einfluss auf die Zielbindung hat das psychologische Merkmal der Selbstwirksamkeit. Mit Selbstwirksamkeit wird das Zutrauen eines Mitarbeiters beschrieben, ein gestecktes Ziel auf der Basis seiner Kompetenz zu erreichen. Ist dieses aufgabenspezifische Selbstvertrauen eines Mitarbeiters stark ausgeprägt, so ist es möglich, schwierige und herausfordernde Ziele festzulegen. Dies wiederum stärkt das Vertrauen des Mitarbeiters in seine Leistungsfähigkeit.

Neben den Zielbindungsfaktoren haben die Moderatoren: Feedback, situationale Zwänge und die Persönlichkeit des Mitarbeiters eine moderierende Wirkung auf die Zielerreichung.

Das Feedback eines Vorgesetzten während des Zielerreichungsprozesses hilft dem Mitarbeiter, vorhandene Diskrepanzen zwischen der Zielvereinbarung und der Zielerreichung aufzulösen. Darüber hinaus kann bei einem angemessenen Feedback, die Wahrnehmung der eigenen Selbstwirksamkeit des Mitarbeiters gefördert werden. Damit wird deutlich, dass ein Feedback nicht nur eine informative, sondern ebenso motivierende Funktion hat.

Bestimmte Merkmale der Situation beeinflussen die Umsetzung von Zielen. Gemindert wird der Zielerreichungsgrad infolge von organisatorischen, technologischen und personellen Zwängen. Inwieweit die Zwänge durch Ausdauer und Anstrengung kompensiert werden können, ist noch nicht abschließend geklärt.

Die Leistungen des Mitarbeiters sind abhängig von seinen persönlichen Fähigkeiten und Kompetenzen. Eine genaue Kenntnis dieser beiden Elemente ermöglicht es, einen angemessenen Zielschwierigkeitsgrad festzulegen. Ein positiver Zusammenhang zwischen der Zielsetzung und der Zielerreichung wirkt sich positiv auf die Arbeitszufriedenheit des Mitarbeiters und seine Loyalität gegenüber dem Unternehmen aus.

 

Autor:

Dario Schuler ist Partner von KHRC. Sie erreichen ihn unter dario.schuler@khrc.de

 

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New Work, das ist es, was wir wollen – Ist es das wirklich???

Digitale Transformation und New Work in Zeiten von Corona

In meinem Blogbeitrag „Digitale Transformation und New Work“ vom April 2020 habe ich den Einfluss der Digitalisierung in den Unternehmen und damit verbunden, die Veränderung der Rolle, den Anspruch und den Erneuerungsbedarf für Führungskräfte betrachtet.

      Die Welt hat sich komplett gedreht

Kaum 9 Monate später hat sich die Welt komplett gedreht.

Die Umsetzung von „Digitaler Transformation“ und „New Work“ wurde durch ein Virus, das sich mit ungeheurer Geschwindigkeit auf allen Kontinenten ausbreitete, maßgeblich beeinflusst. Neue Arbeitsformen wie flexible Arbeitszeiten, Desk Sharing, fluide Teams, mobile Office, virtuelles Arbeiten wurden aufgrund der Notwendigkeit, Abstand zu halten, teilweise verhindert oder massiv beschleunigt. Zudem hat der gesetzlich verhängte „Lockdown“ weite Teile der Geschäftstätigkeiten untersagt. Homeoffice ist plötzlich weitreichend in der Anwendung. Wer seine Arbeit mit Computer, Internet und Telefon erledigen kann, nutzt diese Möglichkeit.

Digitale Plattformen und Medien, in Verbindung mit mobil-flexiblen und virtuellen Formen der (Zusammen-)Arbeit und der Kommunikation, kommen nun ad hoc zum Einsatz. Führen auf Distanz ist erforderlich.

      Die Erfolgsprinzipien für die Welt von morgen gelten unverändert

Nur mit der Besonderheit, dass die Zeitspanne für das Erlernen und Erproben der seinerzeit beschriebenen Erfolgsmechanismen für eine erfolgreiche Zukunft

  • Loslassen von Bewährtem und Mut zur Veränderungsbereitschaft.
  • Beziehungen stärken und Abgeben von Macht.
  • Vertrauen intensivieren und ehrlich kommunizieren.
  • Technologie erlernen und digitale Kompetenzen aufbauen.

sehr, sehr kurz war. Die „Normative Kraft des Faktischen“ machte das Handeln zwangsläufig erforderlich.

Die Situation bleibt für viele neu und ungewohnt. Denn von Zuhause zu arbeiten heißt, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Die eigentlich erforderlichen Rahmenbedingungen sind oft nur rudimentär geregelt.

      Die Komplexität steigt

Bevor ich zu einigen Tipps für die optimale Zusammenarbeit von Führungskräften und Mitarbeitenden im Homeoffice komme, blicken wir gemeinsam auf ein paar Erfahrungen, die inzwischen vorliegen. Aus Gesprächen mit Kollegen und Freunden sowie meinem persönlichen Erleben ziehe ich folgende Lehren:

Qualität der Arbeit

Die fast ausschließlich digitale Zusammenarbeit erfordert ein höheres Maß an Strukturierung, Vorausplanung und Selbstdisziplin sowie eine intensive, digitale Kommunikation. Ein zuverlässiger Arbeitsfluss gerade bei spontanen Planänderungen ist ohne physische Treffen deutlich schwieriger zu gewährleisten.

Zusammenarbeit im Team

Trotz der höheren, persönlichen Arbeitsflexibilität des einzelnen Mitarbeiters bewerten diese die Teamarbeit teilweise kritisch. Den Mitarbeitern fehlt zunehmend die Möglichkeit, sich mit Kollegen treffen zu können, um ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln. Der persönliche Austausch fehlt, nicht nur im Hinblick auf die sozialen Bedürfnisse des Einzelnen, sondern auch aus Sicht der Führungskräfte, gerade mit Blick auf die Arbeitsqualität.

Flexibilität der Arbeit

Die Flexibilität des Arbeitens zuhause reduziert unter bestimmten Voraussetzungen die Stressbelastung der Beschäftigten. Sie steigert zudem aufgrund seltenerer Ablenkungen deren Produktivität. Erfolgsentscheidend dafür ist jedoch die Möglichkeit zum konzentrierten und abgeschiedenen Arbeiten (z. B. abgeschlossenes Arbeitszimmer) sowie leistungsfähige, technische Gegebenheiten (stabiles WLAN, Anbindung an notwendige EDV-Systeme).

Fehlen diese Voraussetzungen können die beschriebenen Vorteile der Flexibilität schnell ins Gegenteil umschlagen. Erschwerend dazu kann der aktuell noch herrschende Distanzunterricht an Schulen und Hochschulen, der im familiären Umfeld zu Überschneidungen (Kinder und Berufstätige zuhause) führt, die positiven Effekte der Flexibilität leicht eliminieren.

Kommunikation zu Chefs und Kollegen

Die Webkonferenz ist mittlerweile DAS Tool der „neuen“ Arbeitswelt. Es verbindet Menschen über tausende Kilometer oder auch nur ein Stockwerk miteinander. Videokonferenzen ersetzen das fehlende Bindeglied zwischen Gegenübersitzen und Hinreisen.

Sie haben in den vergangenen Monaten geholfen, sich zu vernetzen und „sich nicht aus den Augen zu verlieren“, standortunabhängig zusammenzuarbeiten und gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Inzwischen zoomen, skypen und Teamen viele von uns.

Führung auf Distanz

„Remote Management und Virtual Leadership – Neue Wege in die Zukunft des Führens“. Prof. Dr. Alfred Quenzler hat in einem Blogbeitrag im vergangenen Jahr diese neue Form des Führens ausführlich behandelt.

Insbesondere seine conclusio verdeutlicht die Herausforderung, der sich Führungskräfte ad hoc stellen müssen, und die es zu bewältigen gilt:

Virtual Leadership – eine Ergänzung zur persönlichen Führung

Letztendlich geht es nicht um ein komplettes neues Set an Kompetenzen und Fähigkeiten, sondern darum, die in der persönlichen Führung erworbenen Skills intelligent in die Virtual Leadership zu transferieren. Ein hohes Maß an Sensibilität aber auch Entscheidungsfreudigkeit sind ebenso wichtig wie ein genaues und transparentes Nachverfolgen von Aufgaben. Im Persönlichen wie auch im Virtuellen sind Kommunikation, Empathie und aktives Zuhören die Schlüssel zum Erfolg.

Wie wird nun die Entwicklung nach dem zu erwartenden Ende der Pandemie weitergehen? Wie wird es „Morgen“ weitergehen? Kehren wir alle in die gewohnte „Normalität“ zurück oder wollen wir das Gelernte und Erprobte behalten?

      Wie geht es weiter?

Es hat sich gezeigt, dass das Homeoffice Vorteile für viele, aber längst nicht für alle Arbeitnehmer bietet. Dennoch kann man davon ausgehen, dass viele Beschäftigte auch nach der Pandemie diese Arbeitssituation nutzen wollen. Zudem haben zahlreiche Firmen bereits angekündigt, auch nach der Pandemie interessierten Mitarbeitern das Homeoffice weiterhin ermöglichen zu wollen.

Vor diesem Hintergrund müssen die Unternehmen bereits heute eine Art „Regieanweisung“ für alle Führungskräfte und Arbeitnehmer entwickeln, die auch zukünftig wesentliche Teile ihrer Arbeit mit Computer, Internet und Telefon von zu Hause oder einem anderen Arbeitsort aus erledigen wollen und können.

Arbeitszeitregelung und Erreichbarkeit

Es braucht klare Vereinbarungen zu Arbeitszeitregelungen. Beginn, Ende und Pausen müssen in einem flexiblen, transparenten Rahmen definiert werden. Gerade so als wären die Beschäftigten im Büro. Homeoffice kann nicht andauernde Erreichbarkeit bedeuten.

Zudem sollten an die internen und externen Kunden die neuen Arbeitsmodalitäten hinsichtlich Erreichbarkeit, Verfügbarkeit und etwaigen Einschränkungen bei Services kommuniziert. Das sorgt für die nötige Klarheit.

Technische Infrastruktur

Ohne leistungsfähige technische Infrastruktur kein Homeoffice. Die Erfahrungen im Lockdown haben dies bestätigt. Die nötigen Voraussetzungen, von mobilen Geräten (Handy, Laptop) über die Einrichtung einer leistungsstarken, unternehmensinternen Server-Struktur bis zur Einrichtung einer stabilen, leistungsfähigen Internetverbindung, müssen einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern vereinbart und umgesetzt werden. Nach einer weitreichenden, teilweise chaotischen „Notfallnutzung“ von unterschiedlichsten Online-Services in den vergangenen Monaten, sollten Entscheidungen für passende, leistungsstarke Provider getroffen werden.

Zusammenarbeit von Führungskräften und MitarbeiterInnen

Ein Führen auf Distanz erfordert andere Kompetenzen, beinhaltet andere Motivationsfaktoren und beansprucht andere Mechanismen von Organisation, Zielvereinbarung und Leistungsabsprache als bisher erprobte Verhaltensmuster der Führung.

Diese Veränderungen müssen konkretisiert, besprochen, vermittelt und trainiert werden. Auch wenn aufgrund der aktuellen Lage, viele Dinge „einfach und unvorbereitet passiert sind“. Es ist zwingend erforderlich, diese Themen nachzuarbeiten. Denn der Schlüssel zur erfolgreichen Zielerreichung ist wirksame Führung. Wichtig ist auch die Kommunikation an die Teams und deren Einbindung in den Prozess.

      Leitgedanken zum Remote Management

Ergänzend zu den oben angeführten Überlegungen von Alfred Quenzler können Führungskräfte sich an folgenden Leitgedanken orientieren:

  • Vertrauen statt Kontrolle fördert Eigenverantwortung und Motivation.
  • Das Einhalten von Vereinbarungen (z. B. Arbeitszeitregelungen) ist auch seitens der Führungskräfte elementar wichtig und vermittelt eine authentische Führungskultur.
  • Berufstätige Eltern brauchen aufgrund von Home-Schooling Rücksichtnahme. Asynchrones Arbeiten kann eine Hilfe sein.
  • Raum für Kommunikation ist wichtig. Der Austausch mit den Mitarbeitern ist für ein professionelles und eigenständiges Arbeiten erforderlich.
  • Teammeetings haben Priorität. Die Absage virtueller Teammeetings ist möglichst zu vermeiden, denn für die Mitarbeiter im Homeoffice ist es die einzige Möglichkeit, sich regelmäßig abzustimmen und einen engen Kontakt zu pflegen.
  • Ergänzend dazu sind „offene Team-Diskussionsrunden“ ein gutes Mittel, um ein Gemeinschaftsgefühl zu fördern und einen produktiven Austausch insbesondere in Krisenzeiten zu gewährleisten.
  • Rückkoppelungsschleifen bieten sich an, um den Dialog zwischen Führungskräften und Mitarbeitern zusätzlich zu fördern. Online-Befragungen auf Teamebene können Stimmungsbilder und Ansatzpunkte für Anpassungsnotwendigkeiten verdeutlichen sowie Stolpersteine im Alltag und Verbesserungspotenziale identifizieren.

Aber dennoch: Trotz aller beschriebenen positiven Effekte des Arbeitens auf Distanz sollten wir nicht vergessen, dass die Arbeit einen ganz wesentlichen Teil unseres Lebens ausmacht und wir damit sehr viel Zeit verbringen.

      Home Office – ist das wirklich alles?

Wollen wir das wirklich ausschließlich „alleine“ im Homeoffice tun? Teammeetings nur am Bildschirm? Team-Diskussionsrunden nur virtuell? Gespräche mit dem Chef ausschließlich vor dem Laptop?

Meine Vision von „Morgen“ in dem beschriebenen Kontext:

Homeoffice sollte künftig als ein Baustein von New Work in einem Portfolio von modernen Arbeitszeitformen genutzt werden. Durch den weiterführenden Einsatz digitaler Medien können Dienstreisen für standortübergreifende Vernetzung auf ein notwendiges Maß beschränkt werden. Ein Großteil dieser Meetings kann virtuell stattfinden. Ähnliche Erwägungen müssten auf Messen und Events angewendet werden.

Bei der damit möglichen Neustrukturierung unserer Bürowelten sollten ausreichende „Arbeitsmöglichkeiten“ in Form von flexiblen Besprechungs-/Arbeitsräumen geschaffen werden. So lassen sich einerseits Einsparungen durch straffere Bürolandschaften realisieren. Andererseits bleiben Möglichkeiten erhalten, physisch zusammenzukommen und bedarfsorientiert als Team und Gemeinschaft zusammenzuarbeiten.

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Und auch in der Arbeit brauchen wir von Zeit zu Zeit die Nähe und den persönlichen Austausch mit unseren Kollegen, um Ziele gemeinsam zu erreichen und gemeinsam erfolgreich zu sein.

 

Autor:

Josef Schelchshorn ist Associate Partner bei KHRC. Sie erreichen ihn unter josef.schelchshorn@khrc.de

 

 

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Espresso

Eine philosophische Betrachtung

Dr. Christoph Riedel ist Psychologe, Theologe und Philosoph und arbeitet als Senior Expert bei KHRC. Seine Spezialgebiete sind Trennungsmanagement und Führung in Grenzsituationen. Während der Corona-Pandemie hat KHRC mit ihm eine Methodik entwickelt, um virtuelle Kündigungsgespräche wertschätzend, mit dem gebotenen Einfühlungsvermögen und sinnvollen Unterstützungsangeboten zu führen. Hierüber werden wir in einem der folgenden Blogs berichten.

In seinem eigenen Blog www.epimeleia.blog widmet sich Christoph der Aufmerksamkeit und Sorge für ein gelingendes Leben. Der Blog ist Teil seiner „Einübung in den Ruhestand“. Unlängst stellte er einige philosophische Betrachtungen rund um ein italienisches Heißgetränk an, das für manche Lebenselixier ist – den Espresso.

Da der Espresso auch eine zentrale Rolle für die Kultur von KHRC spielt und deshalb vermutlich nicht unwesentlich zum Unternehmenserfolg beiträgt, freuen wir uns, diesen Beitrag auch mit unseren Leserinnen und Lesern teilen zu dürfen.

Eines meiner Lieblingsgedichte stammt von Tomas Tranströmer

Der schwarze Kaffe auf der Terrasse
mit Stühlen und Tischen prächtig wie Insekten.

Es sind kostbar aufgefangene Tropfen,
gefüllt mit der gleichen Kraft wie Ja und Nein.

Er wird aus dem dunklen Café hinausgetragen
und blickt in die Sonne, ohne zu blinzeln.

Im Tageslicht ein Punkt von wohltuendem Schwarz,
Das schnell in einen bleichen Gast ausfließt.

Er ähnelt den Tropfen aus schwarzem Tiefsinn,
die bisweilen von der Seele aufgefangen werden,

Die einen wohltuenden Stoß geben: Geh!
Inspiration, die Augen öffnen.

Einen Espresso trinken, in der Sonne sitzend, sicher bleich nach Winter und Pandemie, das ist eine Utopie, die mir manchmal in den Sinn kommt. Dabei bereite ich jeden Tag mehrere Espressi. Ich trinke sie manchmal vertieft in meine Forschung, beiläufig beim Schreiben, oft als gemeinsames Innehalten mit meiner Partnerin, zum Ausklang eines guten Essens. Ich trinke den Espresso zu Hause. In den letzten Tagen vermehrt mit der Sehnsucht nach dem Kaffee auf der Terrasse.

Mir gelingt es bis jetzt ganz gut, mit dem gebotenen Rückzug zu leben. In meiner Welt fand ich zu einer Ordnung, die ich mit ein wenig Disziplin auch durchhalte. Meist am Morgen gebe ich meinem Tag eine möglichst klare Struktur, die der oft gemeinsam getrunkene Espresso interpunktiert. Ja, es stimmt schon: der kleine rasch zubereitete Kaffee, meist mit einem Häubchen geschäumter Milch abgerundet, bildet die Satzzeichen in meiner Tagesgeschichte. Zuweilen ist er ein Komma, das zwei Gedankenwelten voneinander abhebt. Manchmal ist er der Doppelpunkt, der einen Vorsatz anhält, um Raum für das Folgende zu öffnen. Öfter am Tag schließt er auch eine Zeit des Tuns ab. Ein Fragezeichen markiert er selten. Eher ein Ausrufezeichen: Jetzt aber mal losgelegt. Am liebsten mag ich ihn als Gedankenstrich. Dann nippe ich ein wenig aus der kleinen Tasse diesen Punkt von wohltuendem Schwarz, und dehne den Genuss, so dass Weile entsteht. In der Weile entfaltet der Espresso tatsächlich Tiefsinn, öffnet den Raum für das Spiel der Worte, zu denen Gedanken sich gestaltet haben, oder zu Gedanken, die noch nach ihrem Wort suchen. Glück, wenn sich davon in der Seele ein Abbild erhält.

In jenen wunderbaren Espressoweilen, in denen expressiv wird, was vorher nur im Keim angelegt war, denke ich dann an den Philosophen Markus Gabriel, der einen neuen Realismus propagiert, der den „moralische[n] Fortschritt in dunklen Zeiten“ fördern soll. Espresso würde da evidente Tatsache sein, ein braunes Getränk in einer kleinen Tasse. Sein Duft wird zum olfaktorischen Ereignis. Beschreibbar. Der Wert des Ereignisses besteht nach Gabriel darin, ob der Kaffee klimaverträglich, ressourcen-schonend angebaut, transportiert und veredelt wird. Ach, ver-edelt – ist das nun eine moralische Tatsache, also gut? Oder lässt mir nur meine Uninformiertheit über all das Böse am Prozess, bis der Espresso mit nussbrauner Crema in meiner kleinen Tasse duftet, die Vorfreude auf den Genuss? Darf es keine Welt der Metaphern geben, die ich bisher als Vehikel von Bedeutung, wenn nicht Sinn wähnte? Auf den Espresso ist Verlass: er vermittelt Inspiration, die Augen zu öffnen.

 

Quellen:

Gabriel, M. (4. Aufl. 2020): Moralischer Fortschritt in dunklen Zeiten. Berlin (Ullstein)
Tranströmer, T. (1997): Sämtliche Gedichte. München (Hanser)

 

 

Autor:

Dr. Christoph Riedel ist Senior Expert bei KHRC. Sie erreichen ihn unter info@khrc.de

 

 

 

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